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CD - Núria Rial "Vocalise"

Die klare, helle Sopranstimme von Núria Rial kennen wir aus zahlreichen Aufnahmen. Das Kernrepertoire der Katalanin: Barockmusik – mit Ausflügen in Renaissance und Klassik. Auf ihrer neuen CD wagt sie sich aus den gewohnten Gefilden heraus: kein Barock diesmal – und auch kein Barockensemble. Stattdessen: ein Sopran und acht Celli.

CD-Cover: Núria Rial - "Vocalise" | Bildquelle: Sony Classical

Bildquelle: Sony Classical

Der CD-Tipp zum Anhören

Und Vorsicht: Mit dieser CD holen Sie sich den Widerstand ins Haus, wenn nicht sogar die Revolution! Kernstück des Albums ist das knapp neunminütige "El Cant dels Ocells", eigentlich ein traditionelles Weihnachtslied, aber vor allem: eine katalanische Nationalhymne, eine Hymne der Flüchtlinge vor dem Franco-Regime, eine Hymne für die Freiheit der Katalanen.

Weihnachtslied wird Freiheits-Statement

Dieses Lied veröffentlicht also die katalanische Sängerin Núria Rial nur gut vier Monate nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien. Ein Statement? Im Booklet wird auf das aktuelle politische Geschehen kein Bezug genommen. Stattdessen geht es um Pablo Casals, den berühmten spanischen Cellisten, der 1936 vor Franco zunächst nach Paris, dann nach Puerto Rico floh. Casals war es, der aus dem Weihnachtslied eine katalanische Freiheitshymne machte, indem er jedes seiner Exilkonzerte mit diesem Lied beendete. 32 verschiedene Vögel besingen in zig Strophen die Geburt Jesu Christi. Der Komponist Bernat Vivancos wählt für sein Arrangement des Liedes auf der CD gerade Mal zwei davon aus – und räumt damit den acht Celli viel Platz ein.

Vokalisen mit Vokal-Mix

Von ihm, von Bernat Vivancos, stammt auch eine eigene Komposition: "Vocal Ice", hier kommen die Wortspielfreunde zum Zuge: Aus dem Englischen übersetzt haben wir es hier mit klingendem Eis zu tun, aber der Titel des Liedes spielt auch auf den des Albums an: Vocal-Ice = Vocalise. Und in der Tat singt Núria Rial hier keinen Text, sondern lamentiert in einem Vokal-Mix aus a und o.

Celli als zusätzliche Stimmen

Núria Rial singt betörend – wie gewohnt; innig und ausdrucksstark, klar und schnörkellos, aber mit Seele. Nicht nur katalanisches Repertoire, sondern auch die beliebten "Bachianas Brasileiras" Nr. 5 von Heitor Villa-Lobos, die exakt für die außergewöhnliche Besetzung –Sopran, acht Celli – geschrieben wurden. Die acht Cellistinnen und Cellisten stammen aus dem Sinfonieorchester Basel. Neben den vier Titeln, die sie gemeinsam mit der Sopranistin gestalten, spielen, ach was: kratzen, klopfen und jaulen sie noch die "Vier Jahreszeiten von Buenos Aires" aus der Feder von Astor Piazzolla – verteilt über das ganze Album. Das hat den kleinen Nebeneffekt, dass die CD "Vocalise" instrumental beginnt, ja dass die reine Instrumentalmusik insgesamt so viel Platz einnimmt, dass die Celli neben Núria Rials Sopran zu singenden Stimmen werden.

Núria Rial - "Vocalise"

Astor Piazzolla:
"Las Cuatro Estaciones Porteñas"
Heitor Villa-Lobos:
Bachianas Brasilieiras Nr. 5
Bernat Vivancos:
"Vocal Ice" für Sopran-Solo und Cello-Oktett
Traditional:
"El Cant dels ocells"

Núria Rial (Sopran)
8 Cellisten des Sinfonieorchesters Basel

Label: Sony Classical

Sendung: "Leporello" am 14. Februar 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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