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Album der Woche Olga Peretyatko – "Mozart +"

Sie wird von den meisten Opernfans mit Belcanto-Repertoire in Verbindung gebracht: die russische Sopranistin Olga Peretyatko. Das spiegelt sich auch durch ihre bisherigen Arienalben. Das aktuelle macht allein durch seinen Titel neugierig: "Mozart +". Neben dem großen Wiener Klassiker sind da auch noch Stücke anderer Tonkünstler zu erwarten. Ivor Bolton trägt dafür die Mitverantwortung am Pult des Basler Sinfonieorchesters.

CD-Cover Olga Peretyatko: "Mozart +" | Bildquelle: Sony Classical

Bildquelle: Sony Classical

Der CD-Tipp zum Anhören

Es finden sich einige Überraschungen auf der CD: zum Beispiel die Erkenntnis, dass Mozart auch Einlage-Arien für die Opern anderer Komponisten schrieb. Denn auch Mozart ist dem Zeitgeist gefolgt - zum Beispiel in "Vado ma dove", einem Stück, das man weit hinten im Köchelverzeichnis findet, unter der Nummer 583. Es zeigt den reifen Mozart at his best. Man brauchte damals in Wien neues Notenmaterial wegen einer Umbesetzung für die Wiederaufnahme der Oper "Il burbero di buon cuore" von Vicente Martín y Soler.

Unbekanntes ernst genommen

Was tatsächlich unter Soler firmiert, klingt ähnlich wie Mozart, hat aber nicht die gleiche kompositorische Qualität. Gegen diese These würde die russische Sopranistin Olga Peretyatko rebellieren: Darum hat sie ihr jüngstes Arienalbum "Mozart +" betitelt. Hinter dem Pluszeichen verbergen sich Stücke wie das von Soler. Auch etwas von Giovanni Paisiello und Tommaso Traetta ist dabei. Deren melodische und rhythmische Ideen nimmt Olga Peretyatko nicht weniger ernst als Hits wie Mozarts "Dove sono i bei momenti" der Gräfin Almaviva in "Le nozze di Figaro" – oder Konstanzes "Martern aller Arten" aus der "Entführung aus dem Serail".

Kurz und bündig

Dieses Album hat gefehlt …
… weil man beim Hören erkennt, dass Mozart Rivalen auf Augenhöhe hatte.

Dieses Album hört man am besten …
… beim Flanieren im Wiener Schlosspark Schönbrunn – über Kopfhörer.

Dieses Album führt bei Überdosis zu …
… der irrigen Meinung, bei Sopranistinnen seien immer die tiefen Töne die besten.

Saftiges Timbre

Körperlosen Seelenton oder eine seraphische Stimme, wie sie in der Romantik etwa an der "schwedischen Nachtigall", der Sopranistin Jenny Lind, von vielen Musikern und Dichtern bewundert wurden, bietet Olga Peretyatko in keinem Moment ihres Recitals. Dafür aber ein wirklich saftiges Timbre! Die Spuren einer gewissen Lebenserfahrung trägt es längst in sich. Technisch hat die Russin in der Höhe manchmal Probleme, aber die Koloraturen meistert sie immer noch mühelos. Großartig hat sich ihr tiefes Register entwickelt – wird es doch immer farbiger.

Kluge Programmzusammenstellung

Für die Idee zur Programmzusammenstellung kann man sie ohnehin nur loben – egal, wie viel Anteil daran der Dirigent hat. Ivor Bolton animiert das Sinfonieorchester Basel zu einer musikantischen Haltung, die Mozart und dessen Zeitgenossen gut zu Gesichte steht. Die Gefahr einer Überartikulation besteht hier nirgends, und das ist heutzutage auch mal reizvoll. So bleibt die Aufmerksamkeit des Hörers absolut konzentriert auf das alte Gebot "Du sollst vergessene Komponisten nicht voreilig Kleinmeister nennen". Soler und Paisiello jedenfalls haben das nicht verdient, und Traetta bekommt vom Duo Peretaytko/Bolton sogar den roten Teppich ausgerollt, also den Eröffnungsakzent des Albums anvertraut. Mit nicht weniger als zehn Minuten einer theatergeschichtlich so bedeutenden Gestalt wie Antigona!

Olga Peretyatko: "Mozart +"

Arien aus Opern von
Tommaso Traetta ("Antigona"),
Giovanni Paisiello ("Il barbiere di Siviglia"),
Vicente Martín y Soler ("Il burbero di buon cuore")
und
Wolfgang Amadeus Mozart ("Il burbero di buon cuore" von Soler, "Die Entführung aus dem Serail", "Le nozze di Figaro", "Don Giovanni" und "La clemenza di Tito")

Olga Peretyatko (Sopran)
Sinfonieorchester Basel
Leitung: Ivor Bolton

Label: Sony Classical

Sendung: "Piazza" am 16. Februar 2019 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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