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CD - Pierre-Laurent Aimard spielt Messiaens "Catalogue d’Oiseaux"

Wenn jemand mit seiner Musik die Schöpfung Gottes ganz unmittelbar und immer wieder neu verherrlicht hat, dann war es Olivier Messiaen. Wie kein zweiter öffnete er, der komponierende Ornithologe, in seinem "Catalogue d’Oiseaux" Blick und Ohr für den zirpenden, schlagenden, hämmernden und tirilierenden Wunderkosmos der Vogelwelt. Ob Seidenrohrsänger oder Heidelerche, Zilpzalp oder Brillengrasmücke, Steinrötel oder Kurzzehenlerche – im "Catalogue d’Oiseaux" geben sie sich mit himmlischem Gesang ein pianistisches Stelldichein.

CD-Cover Olivier Messiaen: "Catalogue d’Oiseaux" | Bildquelle: Pentatone

Bildquelle: Pentatone

Der CD-Tipp zum Anhören

Hört sich so Musik an, die in einem Kriegsgefangenenlager, in einer kritischen Situation auswegloser Ungewissheit geschrieben wurde…?

Für diese naturalistischen Meisterwerke braucht es nicht nur flinken Flügel-,  sprich Fingerschlag. Wer wüsste das besser als Pierre-Laurent Aimard, hat er doch als ehemaliger Schüler von Messiaens Ehefrau Yvonne Loriod tiefe Einblicke in die spirituelle Welt des empfindsamen Himmelsstürmers erhalten. Für Aimard ist die drei CD umfassende Einspielung des "Catalogue" der bewusst gewählte Einstieg in die Zusammenarbeit mit dem Label Pentatone. Für ihn ist dieses Werk nicht nur ein Zeugnis bahnbrechender zeitgenössischer Kunst des 20. Jahrhunderts. Messiaens impressionistischer Naturalismus ist musikalischer Zufluchtsort, paradiesisch, unantastbar: Eine synästhetische Topographie, in der Klang, Landschaft und Düfte unauflöslich miteinander verschmolzen sind.

Schönheit, Transparenz, Ekstatik und Mystik

Grandios, wie Pierre-Laurent Aimard die ornithologische Feldforschung Messiaens zum Wachsen und Blühen bringt, sich ihren Tages- und Lebensrhythmus einverleibt, in ihr Pfeifkonzert einstimmt. Man riecht das Schilf, Vogel-Heerscharen steuern wuchtige Vogelburgen an, Blaumerlenkolonien trippeln eilig hin- und her, all dies vor einer Fülle wechselnder klanglicher Landschaftstableaus. Aimard scheint inmitten dieser ornithologischen Wunderwelt zu sein. Seine Anschlags- und Pedalkultur ist farbenprächtig, voller Vielfalt und raffinierter Fabmischungen, und dazu duftig, asketisch, insistierend beharrend, verträumt zwitschernd, poesievoll davonfliegend, erdenschwer watend. Als gleichsam zirzensischer Pan Tau reißt er uns mit in eine Welt voller Schönheit, Transparenz, Ekstatik und Mystik. Staunend erleben wir die Schönheit unberührter Natur auf einer höheren Ebene – als klangsinnliche Überwältigung. Zum Niederknien!

Olivier Messiaen: "Catalogue d’Oiseaux"

Pierre-Laurent Aimard (Klavier)

Label: Pentatone

Sendung: "Leporello" am 23. April 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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