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CD - The Chopin Project Ólafur Arnalds & Alice Sara Ott

Die Pianistin Alice Sara Ott kennen Sie vielleicht als Chopin-Interpretin: Sie hat für die Deutsche Grammophon die Walzer eingespielt, eine CD, die Sie auch bei BR-KLASSIK immer wieder hören können. Den Namen Ólafur Arnalds bringen Sie vielleicht nicht unbedingt mit Chopin in Verbindung – der isländische Musiker und Komponist ist eher für anspruchsvolle Popmusik und für Film- und Serienmusik bekannt. Ólafur Arnalds und Alice Sara Ott haben sich jetzt in Sachen Chopin zusammengetan und eine CD aufgenommen: "The Chopin-Project".

CD-Cover: Ólafur Arnalds & Alice Sara Ott - The Chopin Project | Bildquelle: Mercury

Bildquelle: Mercury

CD-Tipp 01.04.2015

Ólafur Arnalds & Alice Sara Ott: The Chopin Project

In einem Musikvideo zur CD stehen zwei muskelbepackte Hünen im Ring, in enger Umklammerung wiegen sie die verschwitzen Körper wie im Walzerschritt. Bilder zu einem Nocturne von Chopin – beziehungsweise zu dem, was Ólafur Arnalds daraus gemacht hat. Was hätte Chopin selbst wohl dazu gesagt? Wahrscheinlich wäre er stolz, dass zwei hochkarätige Künstler der Musikwelt sich im 21. Jahrhundert zusammentun mit ihm als Inspirationsquelle – und besagtes Video mit seiner Musik über die entsprechenden Kanäle im Internet hundertfach angeklickt wird. Mit seiner Musik – das ist in diesem Fall relativ. Arnalds hat sich Chopins Werke vorgenommen und übersetzt sie in seine Klangsprache. Ein Streichquintett ist im Einsatz, ein bisschen Elektronik, und natürlich: das Klavier, meistens gespielt von Alice Sara Ott.

Chopin in der Bar nebenan

Vorlagen für Stücke wie "Verses", "Reminiscence" oder "Written in Stone" sind Nocturnes von Chopin oder das Largo aus der Klaviersonate Nr. 3. Auf "The Chopin Project" begegnen sich Arnalds Interpretationen und die Originale. Nur – auch die klingen nicht wie gewohnt: Chopin gibt’s hier mal nicht auf dem üblichen Spitzen-Konzertflügel, sondern auf dem Klavier der Bar nebenan. Manchmal mit Geräuschkulisse. Für jedes Stück haben Ólafur Arnalds und Alice Sara Ott in der isländischen Hauptstadt Reykjavík das richtige Setting und das passende Instrument gesucht – und die richtigen Mikrofone. Ólafur Arnalds sagt: Die Wahl des Mikrofons, des akustischen Settings – das alles bestimmt doch eh unsere heutige Musizierpraxis. Warum dann nicht offensiv und kreativ damit umgehen? Der Prozess ist vergleichbar mit der Arbeit eines Kurators: Wo hängt ein Bild richtig? Welcher Raum eröffnet einen neuen Blickwinkel auf ein Kunstwerk?

Musikalische Erzählung mit Spannungsbogen

Das Ergebnis ist auf jeden Fall sehr sinnlich. Der unperfekte Klaviersound, die Raumakustik – dieser bewusste Bruch mit dem Anspruch an glasklaren Steinway-Klang schafft eine neue Intimität. Wie Originale geschickt mit Bearbeitungen verwoben sind, plötzlich eine Geige ganz für sich spielt, der Klang größer und kleiner wird, wie Themen durch die CD wandern und dabei die Kulissen wechseln: Man hat das Gefühl, man lauscht einer musikalischen Erzählung mit einem ganz eigenen inneren Spannungsbogen. Der Protagonist heißt auf jeden Fall Chopin – und ganz allein ihm gehört dann auch das letzte Wort, wenn mit einem ganz unverfremdeten "Regentropfen-Prélude" die CD endet.

Ólafur Arnalds & Alice Sara Ott: The Chopin Project

Ólafur Arnalds (Synthesizer)
Alice Sara Ott (Klavier)
Mari Samuelsen (Violine)
u.a.
Label: Mercury

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