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CD - "Stravaganza d'Amore!" Die Geburt der Oper am Hof der Medici

Die Uraufführung von Claudio Monteverdis "L‘Orfeo" 1607 in Mantua würde man gerne als die Geburtsstunde der Oper sehen. Ein Paukenschlag gleich zu Beginn, ein anrührendes, tief bewegendes Meisterwerk von einer musikdramaturgischen Qualität, die im Grunde in den vielen Jahrhunderten Operngeschichte nie überboten wurde. Und doch: Man schmälert Monteverdis Bedeutung und die Schönheit seines "Orfeo" kein bisschen, wenn man festhält, dass diese Oper nicht die erste der Musikgeschichte war. Nach der Geburtsstunde der Oper muss man nicht in Mantua suchen, sondern in Florenz.

CD-Cover: "Stravaganza d'Amore!" | Bildquelle: Harmonia Mundi

Bildquelle: Harmonia Mundi

Der CD-Tipp zum Anhören

Neu ist das alles nicht. Aber es ist richtig, in dem Jahr aufs Neue daran zu erinnern, in dem wir Monteverdis 450. Geburtstag feiern. Und genau dies tut der Franzose Raphaël Pichon gemeinsam mit seinem wunderbaren Ensemble Pygmalion. In seiner neuesten Veröffentlichung "Stravaganza d’Amore!" nimmt uns Pichon mit auf eine Reise ins musikalische Florenz der Medici, auf die Suche nach der Geburt der Oper. Und so schön und phantasievoll, so überwältigend und klangprächtig wie Pichon und Pygmalion hat diese Suche seit langem kein anderer gestaltet.

Hypothetische Intermedien

Raphaël Pichon hat sich bei den frühen Opern "La Dafne" von Marco da Gagliano und "L’Euridice" von Jacopo Peri bedient, auch bei den musikalischen Intermedien zum Schauspiel "La Pellegrina", also bei der Musik, die im Florenz des ausgehenden 16. Jahrhunderts während des Karnevals oder anlässlich prächtig gefeierter Fürstenhochzeiten aufgeführt wurde. Die vier um die Macht der Liebe, um Apoll und Orpheus kreisenden Intermedien, die Pichon aus diesen Quellen zusammengestellt hat, sind so mit Sicherheit nie erklungen. Aber das macht nichts und tut ihrer Schönheit und Ausdruckskraft keinerlei Abbruch.

Eine Welt des schönen Scheins

Das Ensemble Pygmalion musiziert großartig, mit fantastischen Instrumentalisten und Solisten. Schließt man die Augen, wähnt man sich um vierhundert Jahre zurückversetzt ins Italien der ausgehenden Renaissance und des beginnenden Barockzeitalters, glaubt die Kostüme der Musiker und des erlauchten Publikums zu sehen. Eine Welt des schönen Scheins, die mit der sozialen Wirklichkeit wenig bis nichts zu tun hatte. Und ja, Monteverdis "Orfeo" ist in all dem noch nicht erreicht, er kündigt sich lediglich an, wenn auch mit Macht. Monteverdi ging 1607 den entscheidenden Schritt weiter hin zur musikalischen Seelenschau, das machte ihn unsterblich. Auch daran erinnert Pichon mit diese wundervollen Veröffentlichung.

"Stravaganza d'Amore!"

Vier von Raphael Pichon und Miguel Henry rekonstruierte Intermedien mit der Musik von Allegri, Brunelli, Buonamente, Giulio Caccini, Cavalieri, Fantini, Gagliano, Malvezzi, Marenzio, Orologio, Peri, Striggio

Pygmalion
Leitung: Raphael Pichon

Label: Harmonia Mundi

Sendung: "Leporello" am 29. Mai 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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