BR-KLASSIK

Inhalt

CD - Roberta Invernizzi singt "Queens" - Opernarien von Händel

Beweisen muss sie schon lange nichts mehr: In der Barockmusikszene ist Roberta Invernizzi seit rund zwei Jahrzehnten eine feste Größe. Es gibt kaum ein bedeutendes Originalklangensemble, mit dem die italienische Sopranistin nicht bereits aufgetreten wäre oder CDs eingespielt hätte. Auf ihrem aktuellen Album mit dem Titel "Queens" stehen zwei Star-Sängerinnen des 18. Jahrhunderts im Mittelpunkt: Francesca Cuzzoni und Anna Maria Strada del Pò; für sie schrieb Georg Friedrich Händel in seiner Zeit als Londoner Opernunternehmer seine schönsten und anspruchsvollsten Arien.

"Queens"- Roberta Invernizzi singt Opernarien von Händel | Bildquelle: Glossa

Bildquelle: Glossa

CD-Tipp 15.02.2017

Der CD-Tipp zum Anhören

Hass, Liebe, Eifersucht, Stolz und tiefste Trauer - der Gefühlshaushalt von Händels Königinnen ist nicht sehr ausgeglichen, entsprechend kontrastreich und extrem virtuos sind ihre Arien. Dabei ist der CD-Titel "Queens" nicht übermäßig originell, denn als Mädchen von nebenan spielte "frau" selbstverständlich keine Rolle in barocken Libretti. Folglich wimmelt es in Händels Opern nur so von Damen fürstlichen Geblüts - seien es illustre Kandidatinnen wie Kleopatra oder unbekanntere wie Berenice, Cleofide und Arianna.

Kein exaltiertes Diven-Gehabe

Originell im besten Sinn ist die Interpretation all dieser heroischen Herrscherinnen durch Roberta Invernizzi, die ohne exaltiertes Diven-Gehabe auskommt und historische Aufführungspraxis ohne hysterische Überzeichnung betreibt. Was nicht heißt, dass sie nicht auch die Krallen ausfahren könnte - etwa in "Scherza in mar la navicella" aus der Oper "Lotario" - einer typischen Tempesta-Arie, in der ein Schiff auf sturmgepeitschter See als seelische Metapher dient. Invernizzis hochbewegliche Koloraturen reiten auf den instrumentalen Wogen der Accademia Hermans unter Leitung des Organisten und Dirigenten Fabio Ciofini. Das italienische Originalklangensemble ist auch in den leisen, introvertierten Passagen ein zuverlässiger Partner, der sich Ausdruck und Gestus der Stimme genau anpasst, manchmal sogar klanglich mit ihr verschmilzt.

Stilsicherheit und Vertrautheit mit dem Repertoire

Gestaltung, nicht Überzeichnung - das scheint die gemeinsame Devise von Ensemble und Solistin zu sein. Die Phrasierung, der wohldosierte Einsatz des Vibratos, die nie selbstgefälligen, sondern auf den Affekt abgestimmten Verzierungen im Wiederholungsteil - all das verrät Stilsicherheit und tiefe Vertrautheit mit dem Repertoire. Und Virtuosität, denn was Roberta Invernizzi in " Ah mio cor…" aus "Alcina" mit einem einzigen Ton anzufangen weiß, ist schon erstaunlich:

Herausragende Interpretin

Obwohl ihre Stimme in den letzten Jahren etwas schärfer geworden ist, bleibt Roberta Invernizzi eine herausragende Interpretin barocker Vokalmusik, und Händel hätte sie vermutlich sogar gerne gegen seine Londoner Star-Sopranistin und erste Kleopatra Francesca Cuzzoni eingetauscht: Denn die war so zickig, dass er sie bei einem Streit beinahe aus dem Fenster geworfen haben soll.

Roberta Invernizzi - "Queens"

Georg Friedrich Händel:
Arien aus den Opern "Lotario", "Poro", "Berenice", "Giulio Cesare", "Scipione", "Alcina" und "Giustino"

Roberta Invernizzi (Sopran)
Accademia Hermans
Leitung: Fabio Ciofini

Label: Glossa

    AV-Player