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CD - Rolf Lislevand "La Mascarade"

Wir alle spielen Rollen, tragen Masken. Vielleicht, um etwas zu verbergen. Vielleicht aber auch, weil wir damit zeigen können: Es steckt mehr dahinter. Die Dinge haben immer noch eine andere Ebene, Menschen ein zweites Gesicht. Und ein einzelner Klang birgt mitunter eine ganze Welt in sich.

CD-Cover: Rolf Lislevand - "La Mascarade" | Bildquelle: ECM New Series

Bildquelle: ECM New Series

CD-Tipp 25.05.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

"La Mascerade" hat Rolf Lislevand seine neue CD genannt. Es ist die Welt des 17. Jahrhunderts, in die uns der norwegische Lautenist hier führt. Nach Frankreich. An den Hof des Sonnenkönigs, Ludwig dem XIV. Der opulente Maskenbälle liebte. Und wo einst ein gewisser Francesco Corbetta seine Künste zum Besten gab. Der gebürtige Italiener galt als einer der größten Gitarrenvirtuosen seiner Zeit, ist als Komponist heute jedoch fast vergessen. Nicht viel anders erging es auch seinem Schüler Robert de Visée - Lautenist, Gitarrist, Theorbist, Gambenspieler, Sänger und Komponist , und ebenso am Hof des Königs in Versailles beschäftigt, als "Königlicher Gitarrenspieler". Als solcher spielte de Visée meist nur für einen kleinen Kreis auserwählter Hörer – und manchmal sogar im Schlafzimmer des Königs, wenn der dort zu Abend speiste. Und jeden Tag, zwei Schritte hinter dem König hergehend, beim Promenieren.

Witz und Einfühlungsvermögen

So oder so herrschte eine intime Atmosphäre bei den höfischen Darbietungen von Corbetta und de Visée, von der Lislevand auch in seinem überaus gelungenen Booklettext erzählt. Und die er historisch informiert und mit genau so viel Witz und Einfühlungsvermögen auch musikalisch 'rüberbringt. Kammermusikalisch-klein sollen die Stücke klingen. Man hört Lislevand atmen, die Aufnahmen sind voller Nebengeräusche. Geräusche, die das Musikmachen eben so mit sich bringen, und die einem das Gefühl geben, dass man tatsächlich in einem Raum sitzt mit Lislevand, keine zwei Meter von ihm entfernt.

Spiel mit Masken

Robert de Visée hat einmal geschrieben, man solle spielen, wie es die Instrumente einem eingeben – eine Forderung, der Lislevand nachkommt: Er setzt den Passacaglien beider Komponisten improvisierte Einführungen hinzu – und spätestens hier wird klar: Lislevand beherrscht seine Kunst wie einst Corbetta und de Visée - und vor allem beherrscht er das musikalische Spiel mit den Masken. So gut, dass einem beim Hören immer wieder neue Assoziationen kommen. Immer scheint noch eine neue Ebene auf, drängt sich ein weiteres Bild in den Kopf.

Kammermusik im besten Sinne

Eine Maske erzählt uns mehr als ein Gesicht, hat Oscar Wilde mal geschrieben. Rolf Lislevand erzählt uns auf seiner neuen CD und in seinen, sehr nahbaren Versionen dieser Stücke mehr, als die meisten anderen Interpreten. Das ist Kammermusik im besten Sinne. Welch ein Glück, dass sie heute nicht mehr nur Monarchen in Versailles vorbehalten ist.

Rolf Lislevand - "La Mascarade"

Robert de Visée:
Prélude en ré mineur
Passacaille en ré mineur
Les Sylvains de Mr. Couperin
Prélude en la mineur
La Mascarade, Rondeau
Chaconne en la mineur
Chaconne en sol majeur
La Muzette, Rondeau
Passacaille en si mineur
Sarabande en si mineur

Francesco Corbetta:
Passacaille en sol mineur
Partie de Chaconne en ut majeur
Sarabande per la B
Caprice de Chaconne
Folie

Rolf Lislevand (Barockgitarre, Theorbe)
Label: ECM New Series

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