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CD - Riccardo Muti dirigiert Schönberg und Schostakowitsch

Im Juli hat er seinen 75. Geburtstag gefeiert, der italienische Pultstar Riccardo Muti. Früher war er schon mal Musikdirektor beim Philadelphia Orchestra, seit 2010 ist Muti in gleicher Position beim Chicago Symphony Orchestra. Nun sind Konzertmitschnitte von 2012 erschienen, die fast nie zu hörende Vokalwerke von Schönberg und Schostakowitsch dokumentieren.

CD-Cover: Riccardo Muti dirigiert Schönberg und Schostakowitsch | Bildquelle: CSO Resound

Bildquelle: CSO Resound

CD-Tipp 29.11.2016

Der CD-Tipp zum Anhören!

Nach einem Monolog intoniert der Rabbi in der Synagoge die Gebetsformel "Kol Nidre", die traditionell zum Auftakt des jüdischen Versöhnungsfestes Jom Kippur rezitiert wird. Im amerikanischen Exil besinnt sich Arnold Schönberg auf seine religiösen Wurzeln und besiegelt seine Rückkehr zum Judentum 1938 mit einer Neuvertonung des "Kol Nidre". Für seine Aufführung in Chicago engagierte Riccardo Muti den städtischen Kantor, der im rhythmisch fixierten Sprecher-Part durch seine Authentizität fasziniert. Dann tritt er in Dialog mit der Gemeinde, kraftvoll verkörpert durch den Chicago Symphony Chorus. Feierlich bekräftigt die Glaubensgemeinschaft, dass alle erzwungenen Schwüre künftig keinen Bestand mehr haben sollen. Die ursprüngliche "Kol Nidre"-Melodie hat Schönberg - teils tonal, teils zwölftönig - zum eindringlichen Bekenntnis umgeformt.

Wie in Stein gehauen

Religiöse Fragen stellt auch die "Suite nach Gedichten von Michelangelo Buonarroti", die Dmitrij Schostakowitsch 1974, ein Jahr vor seinem Tod schrieb. In dem Bildhauer erkannte der Komponist einen Geistesverwandten - Michelangelos Verse kreisen um Liebesverlust, Verbannung, Vergänglichkeit und Tod. Wie in Stein gehauen, monumental und dann wieder filigran wirkt das symphonische Schlusswort von Schostakowitsch. Die Kargheit der Partitur lädt Riccardo Muti mit Spannung auf. Muti hat eine spürbare Affinität zu den dunkel glühenden Klangfarben der Michelangelo-Suite, die er mit den sonoren Streichern des Chicago Symphony Orchestra prägnant herausarbeitet.

Nihilismus und lakonisches Verstummen

Star dieser Aufnahme ist der russische Bassist Ildar Abdrazakov, der den Liederzyklus mit seinem prachtvollen Timbre in all seinen Facetten kongenial auslotet. Überwältigend begleitet Abdrazakov den Komponisten auf seinem Leidensweg über elf Kreuzweg-Stationen hinweg bis zum bitteren Ende. Ein letztes Aufbäumen mündet in groteske Spieldosen-Mechanik, puren Nihilismus, lakonisches Verstummen. Atemberaubend.

Riccardo Muti dirigiert

Arnold Schönberg:
"Kol Nidre" op. 39 für Sprecher, Chor und Orchester
Dmitrij Schostakowitsch:
"Suite nach Gedichten von Michelangelo Buonarroti" op. 145 a für Bass und Orchester

Alberto Mizrahi (Rezitator)
Ildar Abdrazakov (Bass)
Chicago Symphony Chorus
Chicago Symphony Orchestra
Leitung: Riccardo Muti

Label: CSO Resound

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