BR-KLASSIK

Inhalt

CD - Andreas Staier und Alexander Melnikov spielen Schubert Klavierwerke zu vier Händen

So ähnlich muss es geklungen haben, wenn sich Franz Schubert ans Klavier setzte: trockener und körniger als auf unseren heutigen Konzertflügeln, nicht ganz so laut, dafür aber viel transparenter und farbenreicher. Und egal, mit wem Schubert gerade vierhändig spielte, ob mit seinem Freund Franz Lachner oder mit seiner jungen, attraktiven Schülerin Caroline von Esterházy - sicher hat er dabei gern auch mal in die Zusatzpedale getreten, um Spezialeffekte auszulösen, die damals in Mode waren. Zum Beispiel den schnarrenden Fagott-Zug oder den scheppernden Janitscharenzug mit Zimbel und Schellen.

CD-Cover Franz Schubert: Klavierwerke zu vier Händen | Bildquelle: Harmonia mundi

Bildquelle: Harmonia mundi

Der CD-Tipp zum Anhören

Andreas Staier und Alexander Melnikov spielen auf dem Nachbau eines Hammerflügels, den Schubert besonders schätzte. Er stammte aus der Wiener Werkstatt von Conrad Graf, der zeitweilig im selben Haus wie Schubert wohnte und auch Beethoven und Clara Schumann mit Klavieren versorgte. Schubert hatte sehr genaue Vorstellungen davon, wie ein Klavier klingen sollte. Er konnte "das vermaledyte Hacken, welches auch ausgezeichneten Clavierspielern eigen ist, nicht ausstehen", und wünschte sich, "dass die Tasten unter meinen Händen zu singenden Stimmen würden."

Nur scheinbar harmlos

Bei Andreas Staier und seinem einstigen Schüler Alexander Melnikov geht dieser Wunsch in Erfüllung. Sie bringen nicht nur das wundervolle späte Rondo D 951 zum Singen, das schon die Luft einer anderen Welt zu atmen scheint, sondern auch Schuberts großangelegte, stellenweise aber noch etwas blasse As-Dur-Variationen über ein eigenes Thema. Und eine Reihe von scheinbar harmlosen, in Wirklichkeit aber doppelbödigen Märschen und Tänzen. Das eigentliche Ereignis auf der CD aber ist die große f-Moll-Fantasie, die Schubert wenige Monate vor seinem Tod komponierte.

Zerklüftete Seelenlandschaften

Heute hören wir das Stück als erschütternde Todesahnung, aber womöglich hatte der damals gerade einmal 31-jährige, unglücklich in seine Schülerin Caroline verliebte Schubert beim Komponieren ganz andere Seelennöte im Sinn. So oder so tun sich innere Abgründe auf. Staier und Melnikov entführen uns in eine zerklüftete Seelenlandschaft voller Nebel- und Regenschleier und düster drohender Gewitterwolken, durch die nur ab und an ein trügerischer Sonnenstrahl der Hoffnung dringt. Und sie lassen die Lebensstürme so wuchtig über das Hammerklavier brausen, als wär‘s ein Steinway. Eine intensive Interpretation - und eine CD mit Hochspannung bis zum letzten Ton.

Franz Schubert: Klavierwerke zu vier Händen

Fantasie f-Moll D 940
4 Ländler D 814
Marche Caractéristique D 886
Variationen As-Dur über ein eigenes Thema D 813
Grande Marche h-Moll D 819
Polonaise d-Moll D 824
Rondo A-Dur D 951

Andreas Staier, Alexander Melnikov (Klavier)

Label: Harmonia mundi

Sendung in "Leporello" am 25. April 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

BR-KLASSIK empfiehlt

    AV-Player