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CD - "Wanderer" Andrè Schuen singt Schubert

Andrè Schuen liebt das Wandern. In einem schönen Filmporträt, das BR-KLASSIK koproduziert hat, erlebt man, wie der jungen Bariton durch die Berge seiner ladinischen Heimat streift und hier, inmitten der Natur, ganz zu sich findet. Von daher passt der Titel des neuen Albums, das Schuen gemeinsam mit dem Pianisten Daniel Heide aufgenommen hat: "Wanderer".

"Wanderer" - Andrè Schuen singt Schubert | Bildquelle: Avi Records

Bildquelle: Avi Records

Der CD-Tipp zum Anhören

In den fünfzehn Liedern von Franz Schubert beleuchtet das Duo allerdings sehr unterschiedliche Aspekte des romantischen Wanderns. Die Bewegung in der Natur ist nur einer davon, der Weg zur Geliebten ein zweiter, die Reise in den Tod, ins Jenseits, der vielleicht prägende. Schuen ist alles andere als ein naiver Wanderbursch. Doch ein Naturmensch ist er auch als Künstler, wenn auch ein hochgradig reflektierter. Verbindet man Natur mit natürlich, dann ist man mitten im Zentrum der Gestaltungskunst dieses Sängers. Denn den oft schmalen Grat zwischen zu viel und zu beiläufig erwandert er mit traumwandlerischer Sicherheit.

Ohne erhobenen Zeigefinger

Der vorherrschende Eindruck des Albums auch beim vierten Hören: Da singt jemand unglaublich schön und bleibt dabei immer ganz nah an Text und Musik. Schuen gestaltet äußerst behutsam. Fast sanft nimmt er sein Publikum bei der Hand, führt nahezu unmerklich. Nie drängt er sich auf, nie hebt er den Finger oder gerät ins Psychologisieren. "Ich habe das Gefühl", meint er im CD-Booklet, "dass man bei Schubert besonders schnell interpretatorisch übers Ziel hinausschießen kann, dass man sehr schnell zu dick aufgetragen hat". Man hört, wie sorgsam André Schuen dieser Gefahr aus dem Weg geht, wie er den Gedanken, mach genug, aber mach nie zu viel, stets im Hinterkopf behält.

Die große Kunst der Natürlichkeit

Wer Dietrich Fischer-Dieskau im Ohr hat, wem dieser als einsamer Gipfel des Liedgesangs erscheint, der könnte enttäuscht sein. Doch Schuen und mit ihm der großartige Daniel Heide, sie sind auch ganz ohne psychologische Tüfteleien, ohne überdeutliche Wegweiser nie belanglos. Ihr Schubert ist tief berührend, ja er trifft ins Mark, in Glücksmomenten wie im "Musensohn" genauso wie im abgründig Existentialistischen von "Totengräbers Heimweh". Ungemütlich nah lassen Schuen und Heide die Kunst an den Hörer heran. Das Faszinierende an diesem wunderbaren Album ist, wie es Schubert, Schuen und Heide gelingt, uns für eine gute Stunde aus unserer hektischen Betriebsamkeit zu reißen, wie sie uns das Gefühl vermitteln, dass diese vermeintlich so fernen, zweihundert Jahre alten Lieder uns wirklich etwas an gehen. Das ist unendlich schön, aber auch ein wenig unheimlich. Auf jeden Fall aber ist es ganz große Kunst. Auch oder gerade, weil sie so natürlich daherkommt.

"Wanderer" - Andrè Schuen singt Schubert

Franz Schubert:
"Der Wanderer" D 493 & 649; "Der Wanderer an den Mond" D 870; "Fahrt zum Hades" D 526; "Der Schiffer" D 536; "An den Mond" D 259; "Des Fischers Liebesglück" D 933; "Der Musensohn" D 764; "Auf der Bruck" D 853; "Totengräbers Heimweh" D 842; "Im Abendrot" D 799; "Abendstern" D 806; "Im Frühling" D 882; "Auf der Donau" D 553; "Willkommen und Abschied" D 767

Andrè Schuen (Bariton)
Daniel Heide (Klavier)

Label: Avi Records

Sendung: "Piazza" am 14. Juli 2018, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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