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CD - Quatuor Ebène & Matthias Goerne Schubert - Streichquintett und Lieder

Seine Freunde schätzten ihn als Meister der kleinen Form: Franz Schubert, Spitzname „Schwammerl“, sozusagen ein Fachmann für musikalische Momentaufnahmen. Bagatellen, Walzer, Moments Musicaux, Deutsche Tänze und natürlich die Lieder: Für seine kleinformatigen Werke bekam Schubert schon zu Lebzeiten Lob. Die Zeitgenossen, wenn sie ihn denn überhaupt kannten, hielten Schubert für einen Miniaturisten, man könnte auch sagen: für eine Art Anti-Titan. Wie man sich täuschen kann…

CD-Cover: Franz Schubert - Streichquintett und Lieder | Bildquelle: Erato

Bildquelle: Erato

CD Tipp 13.04.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Erst 22 Jahre nach Schuberts Tod wurde eines der größten Meisterwerke der Musikgeschichte aufgeführt: sein Streichquintett in C-Dur. Und das ist nun wirklich keine Miniatur, sondern ein alle Maßstäbe sprengendes Großwerk. Durch Himmel und Hölle geht die Reise. Die Musik durchlebt extreme Gefühle von existenzieller Angst bis zu mitreißender Lebensfreude, taucht ab in weltentrückte Ruhe und steigert sich stellenweise in einen geradezu symphonischen Klangrausch, wunderbar sonor grundiert durch die ungewöhnliche Besetzung mit zwei Celli. Und immer wieder verströmen sich die fünf Instrumente in nostalgischen, süchtig machenden Melodien. Knapp eine Stunde dauert das Stück, allein der monumentale erste Satz beansprucht in der großartigen neuen Einspielung des Quatuor Ebène über 20 Minuten. Aber was heißt das schon, wenn die Musik jedes Zeitempfinden aufhebt.

Angenehm verschatteter Bariton

Schubert ganz groß – und Schubert ganz klein: Die neue CD des Quatuor Ebène bringt beide Seiten zusammen. Fünf seiner Lieder, in denen nach wenigen Minuten alles gesagt ist, hat Ebène-Cellist Raphael Merlin für Stimme, Streichquartett und Kontrabass bearbeitet. Eine exzellente Idee, klanglich und satztechnisch überzeugend, subtil und farbig umgesetzt. Und von Matthias Goerne mit angenehm verschattetem Bariton gesungen. Nur leider bleibt der Text weitgehend auf der Strecke. Zum Glück ist die früher so beliebte Konsonanten-Spuckerei aus der Mode, aber irgendwie mitkriegen möchte man die Gedichte dann schon, die Schubert zu so schönen Melodien inspiriert haben. Goerne vernuschelt sie allzu

Herausragende Quintett-Einspielung

Absolut hinreißend dagegen die Interpretation des C-Dur-Quintetts, bei der Gautier Capucon am zweiten Cello zum Quatuor Ebène stößt. Diese fünf Musiker verfügen über alle nur denkbaren technischen und intellektuellen Mittel, um Schuberts Meisterwerk zu spielen: perfekte Intonation, reiche Farbpalette, durchdachte Tempogestaltung. Aber das erklärt noch nicht den einzigartigen Zauber ihres Spiels. Der nämlich liegt in ihrer Natürlichkeit und ihrem Temperament. Dem Quatuor Ebéne gelingt weit mehr, als die Musik bloß überlegen zu gestalten: Es lässt sich von ihr beflügeln, tragen, mitreißen – und vermag damit ganz unmittelbar zu berühren. Eine herausragende Einspielung.

Franz Schubert

Streichquintett C-Dur, D. 956

Lieder in der Fassung mit Streichquartett:
Die Götter Griechenlands D. 677
Der Tod und das Mädchen D. 531
Der Jüngling und der Tod D. 545
Atys D. 585
Der liebliche Stern D. 861

Quatuor Ebène
Gautier Capucon (Violoncello)
Matthias Goerne (Bariton)

Label: Erato

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