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CD - Simon Rattle dirigiert Schumanns "Paradies und die Peri"

Wer einen Bestseller landen will, der muss – abgesehen von einer guten Geschichte – auch den Geschmack der Massen treffen. Ähnlich wie eine J.K. Rowling mit ihrem "Harry Potter", schaffte dies der irische Dichter Thomas Moore mit seiner orientalischen Romanze "Lalla Rookh" im Jahr 1817. Robert Schumann wiederum war es, der 1843 eines der Märchen daraus mit dem Titel "Das Paradies und die Peri" in einem Oratorium vertonte – und damit den vielleicht größten Publikumserfolg seines Lebens landete.

CD-Cover: Robert Schumann - "Das Paradies und die Peri " | Bildquelle: LSO Live

Bildquelle: LSO Live

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Heute dagegen ist das Stück weitgehend von den Konzertplänen verschwunden: zu Unrecht, wie Simon Rattle mit seiner aktuellen CD-Einspielung zusammen mit dem London Symphony Orchestra beweist.
Lyrisch ist der Grundton dieses dreiteiligen Oratoriums für Solisten, Chor und Orchester. Und eigentlich ist es gar kein Oratorium, sondern eher ein groß angelegtes Konzert mit ineinander verschränkten Orchesterliedern. Klar deshalb, dass Simon Rattle in seiner ersten Aufnahme als designierter Chef des London Symphony Orchestra für dieses Projekt nur die Allerbesten als Solisten ausgewählt hat: Bernarda Fink zum Beispiel in der Alt-Partie, und Sally Matthews für die Rolle der Peri.

Lyrisch-dramatischer Erzählstrom

Das "Liederjahr" 1840 und das nachfolgende, von Schumann selbst ausgerufene "Jahr der Sinfonie": Sie beide scheinen kompositorisch nahtlos überzugehen in "Das Paradies und die Peri". Wie im Rausch reiht der damals jungvermählte Leipziger Neu-Bürger Arioso an Arioso, unter Verzicht auf jegliche "Kanarieneffekte" italienischer Belcanto-Kollegen und auch unter Vermeidung Oratorien-typischer Rezitative. Und exakt diesen Fluss, diesen nicht-enden-wollenden Erzählstrom, greift Simon Rattle auf und treibt das lyrisch-dramatische Geschehen mit der von ihm gewohnten Emphase voran: Peri, der aus dem Paradies gefallene Engel, bei seinem ersten Erdenbesuch, Ausschau haltend nach einer würdigen Opfergabe, die das Herz des Allerhöchsten rühren könnte ...

Einfühlungsvermögen und Emphase

Rattle hat "Das Paradies und die Peri" seinerzeit auch in München mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks aufgeführt. Im Unterschied zu dessen lupenreiner Diktion tun sich die Sängerinnen und Sänger des London Symphony Chorus erwartungsgemäß schwer mit der Aussprache des blumig-poetischen Librettos aus der Feder Emil Flechsigs – während die Solisten durch die Bank mit wunderbar klarem Deutsch überzeugen, vor allem aber durch ihr musikalisches Einfühlungsvermögen und die erwähnte Emphase, die sie unmittelbar von Rattle zu übernehmen scheinen. Nicht der schlechteste Ansatz für eine Live-Aufnahme, die am 11. Januar dieses Jahres im Londoner Barbican Centre entstand und die noch dazu – erfreulicher Weise - in audiophiler Surround-Qualität vorliegt: von SACD oder Bluray Disc abzuspielen.

Robert Schumann: "Das Paradies und die Peri "

Sally Matthews (Sopran)
Bernarda Fink (Alt)
Mark Padmore (Tenor)
Florian Boesch (Bass)
London Symphony Orchestra & Chorus
Leitung: Simon Rattle
Label: LSO Live

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