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CD - Robert Schumann und Jörg Widmann "Es war einmal ..."

Obwohl Märchen und Weihnachten im Grunde nichts miteinander zu tun haben, ist gerade die Weihnachtszeit auch Märchenzeit. Das mag mit dem Siegeszug von Humperdincks "Hänsel und Gretel"-Oper zu tun haben, mit Hexenhäusern aus Lebkuchen und Schokolade oder auch mit Vorleseabenden im Familien- und Freundeskreis. Märchen sind jedenfalls beliebt. Bis heute. Musikalische Märchenerzählungen fasst nun eine CD mit Kammermusik von Robert Schumann und Jörg Widmann zusammen.

CD-Cover: Robert Schumann und Jörg Widmann - "Es war einmal ..." | Bildquelle: Myrios Classics

Bildquelle: Myrios Classics

Der CD-Tipp zum Anhören

"Es war einmal …" Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, der am Beginn so vieler Märchen steht und in eine Welt voller fantastischer Geschichten führt. Für den Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann steht diese Sequenz initiativ als Motto über seinen "Fünf Stücken im Märchenton". Vor zwei Jahren hat er sie für Klarinette, Viola und Klavier geschrieben und jetzt erstmals aufgenommen. Die Besetzung verweist einerseits auf Mozarts "Kegelstatt-Trio", vor allem aber auf Robert Schumanns kammermusikalisches Spätwerk "Märchenerzählungen". Stellenweise klingen die Sätze wie die komplexe Überschreibung einer Schumann-Partitur.

Hommage an orientalische Märchenwelten

Jörg Widmann denkt Musikalisch-Vergangenes über seine fünf Stücke kreativ und eigenständig weiter. Dass er dies im Schumann-Kosmos schon mehrfach getan hat, bewährt sich. Lebhaft, ausdrucksstark und mit unüberhörbaren Referenzen beginnt der erste Satz, eine musikalische Hommage an orientalische Märchenwelten folgt in der "Fata Morgana", "Von Mädchen und Prinzen" erzählt der schnelle vierte Satz und mit der Schlusswendung "Und wenn sie nicht gestorben sind" klingt die Komposition schließlich aus. Aufhorchen und Innehalten lässt das kürzeste, aber zentrale Stück "Die Eishöhle". Hier greift der Pianist in die Flügelsaiten, entreißt ihnen klirrend-eisige Töne, während Klarinette und Viola klangliche Randzonen abtasten

Authentisch und virtuos

Wie in einigen Kompositionen von Widmann stehen Ausdrucksextreme und unterschiedliche Temperaturen in diesen Märchenstücken nebeneinander, folgen stellenweise äußerst abrupt aufeinander. Das erfordert hohes spieltechnisches Können und Präzision. Denn diverse Anweisungen sind exakt notiert. Die drei Interpreten dieser Ersteinspielung könnten dabei nicht kompetenter sein. Nicht nur steht Jörg Widmann selbst als Klarinettist authentisch und virtuos hinter der Sache, sondern mit der Bratschistin Tabea Zimmermann und dem Pianisten Dénes Várjon spielen drei Musikerfreunde zusammen, die langjähriges gemeinsames Musizieren verbindet. Die Drei kennen die wenigen vorliegenden Kompositionen für ihre Besetzung bestens, haben sich in klanglicher Balance und Spontaneität geschult und können beklemmend reduzierte oder großdimensional-sinfonische Gesten bestens meistern, auch bei Schumann. Die "Märchen"-Trios von Schumann und Widmann werden auf dem neuen Album ergänzt mit zwei Duo-Kompositionen von Schumann, den Fantasiestücken für Klarinette und Klavier und den "Märchenbildern" für Viola und Klavier.

Bereichernd neu gesetzte Klänge

"Es war einmal…" - Diese CD begeistert nicht nur mit wunderbaren musikalischen Märchenerzählungen und hervorragenden Interpreten. Sie zeigt einmal mehr, wie bereichernd neu gesetzte Klänge mit romantischer Kammermusik zusammentreffen können, wie spannend und emotional packend diese Auseinandersetzung ist, für Spieler wie Hörer. Kopf und Bauch, Ratio und Emotio - Gegensätze ziehen sich an. Keine neue Erkenntnis. Aber einmal mehr überzeugend erlebbar mit dieser CD.

"Es war einmal ..."

Robert Schumann:
Märchenerzählungen für Klarinette, Viola und Klavier Op. 132
Fantasiestücke für Klavier und Klarinette Op. 73
Märchenbilder für Klavier und Viola Op. 113

Jörg Widmann:
"Es war einmal ... Fünf Stücke im Märchenton" für Klarinette, Viola und Klavier

Tabea Zimmermann (Viola)
Jörg Widmann (Klarinette)
Dénes Várjon (Klavier)

Label: Myrios Classics

Sendung: "Leporello" am 30. November 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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