BR-KLASSIK

Inhalt

CD - Hannu Lintu dirigiert Sibelius Tondichtungen und Lieder

Der 50-jährige Finne Hannu Lintu ist ein gefragter Dirigent, der sein Handwerk vor allem bei dem legendären Guru Jorma Panula lernte. Im breiten Repertoire von Lintu dominiert Musik seiner Heimat - so hat er zum 150. Geburtstag von Jean Sibelius 2015 alle Symphonien des finnischen Nationalkomponisten zyklisch aufgeführt. Seit 2013 ist Lintu Chefdirigent des Finnischen Radio-Symphonieorchesters. Mit diesem Orchester hat er bereits Tondichtungen von Sibelius eingespielt - jetzt liegt eine weitere Folge vor.

CD-Cover: Hannu Lintu dirigiert Sibelius | Bildquelle: Ondine

Bildquelle: Ondine

Der CD-Tipp zum Anhören

Was für ein Anfang! Paukenschläge, schmerzliche Streicher-Kantilenen und düstere Blechstöße kündigen in "Tapiola" von Jean Sibelius ein existenzielles Drama an. In seinem symphonischen Schlusswort vor seinem jahrzehntelangen Verstummen huldigt Sibelius Tapio, dem Gott der Wälder in der finnischen Mythologie. Hannu Lintu bringt genau das richtige Feeling für diese Musik mit, gestaltet das Tempo frei und sorgt für organische Entwicklungen. Auch in der frühen Tondichtung "En Saga" zeigt Lintu, dass sich Sibelius zwar von Natureindrücken oder der nordischen Sagenwelt inspirieren ließ - in Wahrheit aber lotet seine Musik Seelenlandschaften aus.

Metamorphosen kleinster Zellen

Verblüffend demonstriert der junge Sibelius bereits in seiner tönenden "Sage", wie sich mit Metamorphosen kleinster Zellen große Wirkung erzielen lässt. Sibelius orientiert sich am Impressionismus, greift Folklore auf, nimmt die Minimal Music vorweg. Am Ende mündet "En Saga" in eine wilde Jagd - und Lintu entfesselt beim Finnischen Radio-Symphonieorchester rhythmische Energie und federnden Drive.

Dunkel leuchtendes Timbre

Acht stilgerecht instrumentierte Klavierlieder ergänzen dieses packende Sibelius-Album - Lintu hatte die Bearbeitung für sein Orchester zum Sibelius-Jubiläum 2015 bei Aulis Sallinen bestellt. Wie bei der Uraufführung interpretiert Anne Sofie von Otter diese reizvollen Blumen- und Liebeslieder. Dafür hätte man sich eine jüngere, beweglichere Stimme gewünscht - aber in lyrischen Momenten vermag die Otter mit ihrem dunkel leuchtenden Timbre immer noch zu betören.

Transparenz, Dichte und Intensität

Was Lintu gerade bei der herben Tondichtung "Tapiola" aus seinen Musikern herausholt, braucht keinen Vergleich zu scheuen. Nicht nur in der elektrisierenden Zuspitzung kurz vor Schluss versetzt er sie unter Hochspannung. "En Saga" wie "Tapiola" zählen zu den persönlichsten, tiefgründigsten Aussagen von Sibelius - beiden Tondichtungen würde man bei uns im Konzertsaal gern häufiger begegnen. Im weiträumigen Klangbild dieser Surround-Produktion erreicht Lintu eine Transparenz, Dichte und Intensität, die einem den Atem verschlägt.

Hannu Lintu dirigiert Sibelius

Jean Sibelius:
"En Saga", Symphonische Dichtung op. 9
"Tapiola", Symphonische Dichtung op. 112
Acht Klavierlieder aus op. 13, 36, 86 und 88, orchestriert von Aulis Sallinen

Anne Sofie von Otter (Mezzosopran)
Finnisches Radio-Symphonieorchester
Leitung: Hannu Lintu

Label: Ondine

Sendung: "Leporello" am 05. Dezember 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

BR-KLASSIK empfiehlt

    AV-Player