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CD - Swjatoslaw Richter spielt Klavierwerke von Prokofjew

Swjatoslaw Richter gilt als Jahrhundertpianist, als musikalischer Tausendsassa, der ein außergewöhnlich breites Repertoire beherrschte von Bach, Haydn oder Schubert bis hin zu Tschaikowsky oder Skrjabin. Vor zwei Jahren hat die Öffentlichkeit des deutsch-russischen Pianisten im Zuge des 100. Geburtstags gedacht, weit über die Musikwelt hinaus. Aufnahmen wurden ausgegraben, wieder veröffentlicht oder in Editionen zusammengefasst. Dabei sind jedoch sensationelle Live-Mitschnitte aus Japan von 1980/81 liegengeblieben. Nun wurden sie wiederveröffentlicht.

CD-Cover: Swjatoslaw Richter spielt Prokofjew | Bildquelle: Divox

Bildquelle: Divox

Der CD-Tipp zum Anhören

Alles begann mit Sergej Prokofjews Sechster Klaviersonate. Der junge Swjatoslaw Richter hörte sie erstmals in einem privaten Kreis von Musikern mit dem 49-jährigen Komponisten selbst am Instrument. Richter war begeistert von "der unglaublichen Klarheit des Stils und der baulichen Perfektion der Musik", wie er vermerkte. Daraufhin studierte er sowohl diese Klaviersonate Prokofjews ein als auch die beiden folgenden. Eine musikalische Freundschaft war besiegelt.

Zwei Konzerte in Tokio

Zur Feier des 55. Geburtstags von Prokofjew kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs spielte Swjatoslaw Richter die Sechste, Siebte und Achte Klaviersonate. Er interpretierte diese Trias so überzeugend, dass ihm Prokofjew daraufhin die Neunte Sonate widmete. Richter hat Prokofjews Klaviermusik immer wieder gerne im Konzert präsentiert. So auch 1980 und 1981 in Japan. In Tokio gab er in der Bunka Kaikan Hall zwei Konzerte. Vertreter der Firma Yamaha hatten die Erlaubnis, diese Abende mit nur einem einzigen Kassettentape-Recorder aufzunehmen. Die damit einhergehenden Verzerrungen und Hintergrundgeräusche wurden in einem sorgfältigen Prozess der Rekonstruktion und Restaurierung beseitigt. Für die CD-Publikation hat sich Richter selbst anno dazumal stark gemacht. Nun ist es dem kleinen Schweizer Label Divox zu verdanken, dass diese Live-Mitschnitte aus Japan wieder in einem Doppelalbum vorliegen.

Phänomenale Klanggestaltung

Neben Prokofjews beiden Klaviersonaten Nummer 6 und 9 spielte Richter auf seiner Japan-Tournee ausgewählte Stücke aus den "Visions fugitives", Arrangements aus Prokofjews "Aschenbrödel"-Ballett, Tanzstücke und kurze Einzelwerke. Seine Interpretation der je viersätzigen Sonaten führt fulminant das weite Ausdrucksspektrum zwischen kraftstrotzenden Gesten und entspannten, ja intimen Passagen zusammen. Bei den Klavierstücken fasziniert die absolut stilsichere Treffsicherheit, mit der Richter punktuell eine Stimmung zeichnet, einen Charakter formt, mal innig oder fließend, mal wild und virtuos. Dass nichts aufgesetzt oder "kompliziert" wirkt, liegt vor allem an Richters natürlichem und ganz unprätentiösen Zugriff und seiner einfach phänomenalen Klanggestaltung. Und was diese Live-Mitschnitte auch vermitteln: die spannungsvolle, höchst aufmerksame Konzertatmosphäre, die Richter in Japan offensichtlich beflügelt hat. Ein Glück, dass solche Momente dokumentiert und jetzt wieder nachvollziehbar sind.

Swjatoslaw Richter spielt Prokofjew

Sergej Prokofjew:
Klaviersonaten Nr. 6 und 9
Fünf Klavierstücke aus "Cinderella"
aus den "Visions fugitives" op. 22
Diverse Klavierstücke

Swjatoslaw Richter (Klavier)

Label: Divox

Sendung: "Leporello" am 26. Mai 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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