BR-KLASSIK

Inhalt

CD - Toyohiko Satoh "Yugen"

Er gilt als Urgestein der Lautenspielerwelt: der Japaner Toyohiko Satoh. In den 70er Jahren spielte er die ersten Schallplatten mit Lautenmusik ein. Jetzt ist eine CD mit eigenen Kompositionen für Gesang, Laute und Flöte erschienen. Der Mann mit dem halblangen Lockenkopf beschäftigt sich intensiv mit traditionellen japanischen Künsten wie dem No-Theater, der Teezeremonie Chado und der Zen-Meditation. "Yugen" - so hat Satoh seine neue CD betitelt.

CD-Cover: Toyohiko Satoh - Yugen | Bildquelle: Carpe Diem Records

Bildquelle: Carpe Diem Records

CD-Tipp 22.11.2016

Der CD-Tipp zum Anhören!

Der Begriff "Yugen" kommt aus dem Chinesischen und bedeutet ursprünglich so viel wie dunkel, tief, mysteriös. Yugen bezeichnet das, was hinter der Fassade sprießt - das leise Angedeutete, Verborgene. Und im Falle der neuen CD von Toyohiko Satoh ist Yugen auch ein Begriff für grazil-elegante Musik. Der Komponist, Teemeister und Künstler Toyohiko Satoh ist einer der einflussreichsten Lauteninterpreten seiner Generation. Seinen Sinn für subtile Schönheit hat er vielfach bewiesen - in Einspielungen mit Spezialisten für Alte Musik wie Gustav Leonhardt oder Nikolaus Harnoncourt. Und nun in seinen zarten Eigenkompositionen. Nach vielen Jahrzehnten in Europa lebt Satoh inzwischen wieder in Japan und beschäftigt sich vermehrt mit den alten Kulturen von Ost und West. Dieses gesteigerte Interesse an der Vergangenheit schiebt er aufs Älterwerden. Wenn beim Schürfen im Früher so wunderbar tiefe Musik herauskommt, neue Musik, umso besser.

Verbindung zur Vergangenheit

Satoh ist jetzt 73 Jahre alt und er glaubt fest, fast esoterisch, daran, dass es eine Verbindung gibt zwischen ihm und den Menschen von damals, im 17. Jahrhundert, als sich Lautenspieler und -komponisten in Europa mit ganz ähnlichen Konzepten beschäftigten wie er heute. Die Laute - damals Mainstream, so relevant wie bei uns heute das Klavier. Aber als die Musik im Barock schneller und pompöser wird, ist da kein Platz mehr für das so sanft klingende Instrument. In die Nische vertrieben blüht sie weiter - bis heute. Eine Nische, die eine ganze Welt birgt.

Tief ins Innere gekehrte Stimmung

Gesang, Laute und Blockflöte von Satoh, wenngleich das westlich sozialisierte Ohr wohl immer zuerst das gemeinhin als Fernöstlich bezeichnete heraushört. Und das ist durchaus gewollt, denn Satoh hat sich für seine 16 Stücke bei traditionellen japanischen Volksliedern bedient. Seine Kompositionen tragen so klingende Namen wie "Zuizui zukkorobashi" oder "Kokiriko bushi" und sie sind durchsetzt auch von westlichen Einflüssen, von Shakespeare-Texten etwa. Satoh erschafft hier eine ganz eigene, eine neue Art von Yugen. Die CD erzeugt eine tief ins Innere gekehrte Stimmung, zu der eine dünnwandige Schale mit warmem Tee passt, Räucherstäbchen, Kerzenlicht - und eben diese mattglänzende Musik, die nichts darstellen will, sich nicht größer macht, als sie ist.

Wunderbarer Fluchtpunkt im Spätherbst

Einziges Manko: der Gesang, ausgerechnet. Denn manchmal trifft Satohs Frau, die Sopranistin Chiyomi Yamada, nicht ganz den richtigen Ton; da hat man dann eher eine etwas unförmige Tontasse vor Augen als die filigrane Teeschale. Dennoch: Trotz leichter stimmlicher Schwächen ist die Musik der neuen CD von Toyohiko Satoh ein wunderbarer Fluchtpunkt im mitunter betongrauen Spätherbst. Nicht einmal die Blockflöte stört - ganz im Gegenteil, denn der Niederländer Walter van Hauwe entlockt ihr wundersam-wohlklingende Melodien.

Toyohiko Satoh - Yugen

Kammermusik für Sopran, Blockflöte und Laute

Chiyomi Yamada (Sopran)
Walter van Hauwe (Blockflöten)
Toyohiko Satoh (Laute)

Label: Carpe Diem Records

    AV-Player