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CD - Trio Accanto "Funambules"

Neugierig sein, anregen und auf die Suche gehen - auf die Suche nach ungewöhnlichen und spannenden Klängen und Klangmixturen. Dieses Anliegen treibt das Trio Accanto nun schon fast 25 Jahre an. Inzwischen sind an die hundert Stücke für die Accantos geschrieben worden, denkbar unterschiedliche.

CD-Cover: Trio Accanto - "Funambules"  | Bildquelle: Wergo

Bildquelle: Wergo

CD-Tipp 12.1.2017

Der CD-Tipp zum Anhören

Das neue Album heißt programmatisch "Funambules", übersetzt "Seiltänzer" oder besser noch "Hochseilakrobat" nach dem gleichnamigen Trio von Georges Aperghis. Um auszutarierendes Gleichgewicht und Klangbalance geht es diesem französischen Komponisten und Theatermenschen in seinem Trio. Alle Instrumentalisten sind eigenständige Partner in wechselnden Rollen.

Zum Ensemble

Das Trio Accanto ist ein ungewöhnlicher Klangkörper mit der Besetzung Saxophon, Schlagzeug und Klavier. Anfang der 1990er Jahre fanden sich die drei Musiker im  Ensemble zusammen. Es blieb bei nur einer Umbesetzung: 2012 löst Nicolas Hodges die Pianistin Yukiko Sugawara ab.  Ein nennenswertes Repertoire war nicht vorhanden. Das hat sich mittlerweile jedoch geändert. Viele Komponisten haben eigens für das Trio Accanto neue Stücke geschrieben.

Kriegsreportagen und Gilgamesch-Epos

Bei den Klangszenen von Rolf Riehm mit dem Titel "Basar Aleppo oder Die Straße nach Tyros" agieren die drei hervorragenden Accanto-Musiker Marcus Weiss, Christian Dierstein und Nicolas Hodges nicht nur als Instrumentalisten, sondern treten auch als reagierende Menschen in Erscheinung. Gesten zeigen, dass sie die Text-Zuspielungen nicht unberührt lassen. Eine Schauspielerin liest zunächst ergreifende Passagen aus einer Kriegsreportage, dann poetische Abschnitte des Gilgamesch-Epos. Es ist faszinierend, wie Rolf Riehm auch in diesem Stück die extremen klanglichen Gegensätze charakteristisch zusammenbringt. Die Zuspielungen treffen auf das virtuose Spiel der Musiker. Vielschichtige Assoziationen schaffen eindrückliche Klangmomente und Situationen.

Aggresive Elektrozahnbürsten

Neben den beiden Kompositionen von Riehm und Aperghis aus dem Jahr 2014 hat das Trio Accanto noch sehr kontrastreiche Stücke von Johannes Schöllhorn und Stefan Prins aufgenommen. Während sich das Trio bei Schöllhorn im ruhigen und stetigen Zusammenklang fortschreitend bewegt, ist das musikalische Geschehen beim Belgier Stefan Prins heterogen und nervös: In seiner "Mirror Box" treffen Samples, präparierte Instrumente oder Zusatzgeräte wie etwa Elektrozahnbürsten aufeinander, stellenweise heftig und nahezu aggressiv. Stefan Prins zerlegt die Triobesetzung. Oft lässt sich gar nicht nachvollziehen, was gerade im Einzelnen erklingt. Ruhige Phasen, harte Schnitte, Turbulenzen und Stille lösen sich ab.

Vielfältige Stimmen der Gegenwartsmusik

Alles in allem präsentiert das Trio Accanto mit dieser CD jedenfalls ein äußerst weites Spektrum und zeigt kompetent, wie unterschiedlich vier interessante Komponistenpersönlichkeiten aktuell mit demselben Klangrepertoire umgehen. Unsere Gegenwartsmusik ist vielstimmig. Und das ist gut so.

Trio Accanto - "Funambules"

Georges Aperghis:
"Trio funambule"
Rolf Riehm:
"Basar Aleppo oder die Straße nach Tyros"
Johannes Schöllhorn:
"Sinaἵa 1916"
Stefan Prins:
"Mirror box"

Trio Accanto

Label: Wergo

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