BR-KLASSIK

Inhalt

CD - "VEIN Plays Ravel" Jazz-Hommage an einen Impressionisten

Pianist Michael Arbenz, Bassist Thomas Lähns und Schlagzeuger Florian Arbenz sind in zwei musikalischen Welten zu Hause. In ihrem Trio VEIN spielen die drei Basler Jazz - ausgebildet sind sie aber auch im klassischen Fach. Auf ihrem neuen Album übersetzen sie Kompositionen von Maurice Ravel ins Jazzidiom. Ihre Aneignung ist gewitzt und frech, und dabei eine hochmusikalische Verbeugung vor den Originalen.

CD-Cover: "VEIN Plays Ravel" | Bildquelle: Challenge

Bildquelle: Challenge

Der CD-Tipp zum Anhören

Dass Jazzpianisten sich auf klassische Musik beziehen, ist nichts Neues: Schon Fats Waller und Oscar Peterson garnierten ihr swingendes Spiel mit Zitaten aus ihren Lieblingswerken; Jacques Loussier baute eine Karriere auf Bach; Keith Jarrett, Herbie Hancock und Chick Corea nahmen sogar klassische Klavierliteratur auf. Wenn das Schweizer Trio VEIN ein ganzes Album lang Musik von Maurice Ravel ins Jazzidiom übersetzt, bewegt es sich also in dieser Tradition, in guter Gesellschaft und auch auf einer Achse der Anziehungskraft zwischen Impressionismus und Jazz. Die gab es seit Beginn des 20.Jahrhunderts zwischen Frankreich und Amerika, als die Brass Bands von John Philip Sousa in Paris auftraten. Zwei Jahrzehnte später dachten in New York George Gershwin und Duke Ellington beim Komponieren in impressionistischen Farben.

Ansteckende gute Laune

Auch die Musiker des Basler Trios VEIN sind in zwei musikalischen Welten unterwegs. Sie sind Jazzmusiker mit klassischer Ausbildung und Spielerfahrung. Pianist Michael Arbenz spielt Solo-Recitals und ist als Orchestersolist tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf Musik des 20.Jahrhunderts, mit Pierre Boulez, Paul Sacher und Hans Zehnder durfte er zusammenarbeiten. Auch sein Bruder Florian hat als Schlagzeuger ein Standbein in der klassischen Moderne, und Bassist Thomas Lähns spielte in namhaften Orchestern unter berühmten Dirigenten wie Peter Eötvös und Heinz Holliger. Jazz spielen sie seit 2007 im Trio VEIN zusammen. Ihr englischer Bandname lässt sich in mehrere Richtungen ausdeuten. Er steht zum Beispiel für die Ader, aber auch für die Stimmung oder die Laune. Letztere ist auf ansteckende Weise gut auf ihrer neuen CD, die schon die achte gemeinsame ist.

Abwechslungsreich, prononciert und wagemutig

Was das Trio auf der CD "VEIN Plays Ravel" aus drei Sätzen des "Tombeau de Couperin", aus der "Pavane pour une infante défunte" und drei weiteren Kompositionen von Ravel zaubert, ist mitreißender, abwechslungsreicher, prononcierter und wagemutiger Jazz. Hier wird nichts banalisiert, weichgespült oder verniedlicht. Die musikalische Aneignung ist gewitzt und frech, und zugleich eine hochmusikalische Verbeugung vor den Originalen.

Arrangierlust und improvisatorische Energie

Ravels größter Hit steht im Zentrum der CD. Um die Dynamik des "Boléro" hin zum orchestralen Kulminationspunkt auch im Jazz abbilden zu können, hat Michael Arbenz als Arrangeur noch einen vierköpfigen Bläsersatz und als Solisten den englischen Saxophonisten Andy Sheppard hinzugezogen. In der 16-minütigen Fassung entfalten die ursprüngliche Kraft der Komposition, die immense Arrangierlust des Pianisten und die improvisatorische Energie der Band VEIN mitsamt ihrer Gastmusiker einen Sog, der sich in Bewegung entladen will - ist ja schließlich auch Ballettmusik. Ob man sich da ein bisschen Platz schafft für die ein oder andere Pirouette oder in bequemer Haltung mit gespitzten Ohren dabei ist: Es lohnt sich auf jeden Fall, sich bei nächster Gelegenheit diesem vom musikalischen Impressionismus befeuerten Jazz hinzugeben.

"VEIN Plays Ravel"

VEIN:
Michael Arbenz (Klavier)
Thoma Lähns (Bass)
Florian Arbenz (Schlagzeug)

& Gäste:
Andy Sheppard (Tenor- & Sopransaxofon)
Martial In Al-Bon (Trompete,Flügelhorn)
Florian Weiss (Posaune)
Nils Fischer (Saxofone, Bassklarinette)
Noah Arnold (Alt- und Tenorsaxofon)

Label: Challenge

Sendungsthema aus "Leporello" am 20. September 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

BR-KLASSIK empfiehlt

    AV-Player