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CD - Volker Kriegel "Spectrum"

Musik, die völlig neue Klangwelten erschließt, die Stück für Stück mit neuen Stimmungen überrascht, in der plötzlich Instrumente vorkommen, die man in ganz anderen Genres vermutet hätte. Könnte von heute sein. Ist sie auch, indirekt: Denn die Aufnahmen, um die es geht, sind jetzt neu erschienen. Aber sie sind neu gehobene historische Schätze - und zwar des Gitarristen Volker Kriegel.

CD-Cover Volker Kriegel: "Spectrum" | Bildquelle: MPS

Bildquelle: MPS

Der CD-Tipp zum Anhören

Wie schön! Als wär einer von den Beatles dabei. Groove mit Sitar. Indisch. Europäisch. Weltgewandt. "Zoom", das erste Stück, köchelt und kocht und packt mit Klängen des Zeitgeists. Es zögert die Spannung ein bisschen hinaus. Und fesselt dann mit einer Melodie, die sofort ins Ohr geht.

Sound-Abenteuer und intellektueller Aufbruch

Ein Klassiker: ein Musik-Album, das immer noch von Sound-Abenteuer und intellektuellem Aufbruch kündet. Der deutsche Gitarrist Volker Kriegel, der von 1943 bis 2003 lebte, machte diese Aufnahmen im Jahr 1971. "Spectrum" hieß die damalige Vinyl-Platte. Jetzt ist sie - auf Vinyl und CD - in Neu-Auflage mit dem originalen Hüllen-Design und in neu gemastertem Sound wieder erschienen. Resultat: ein verblüffend funkelnder Oldtimer mit enormem Drive.

Sound eines Folk-Songs

Volker Kriegel, damals 27 Jahre alt, war gerade als "Deutschlands Jazz-Gitarrist Nummer 1" entdeckt worden. Sein später berühmtes "Mild Maniac Orchestra" hatte er noch nicht gegründet - und seine Karriere als Schriftsteller und Zeichner mit Büchern wie "Der Rock’n’Roll-König" sollte erst zehn Jahre später beginnen. Mit "Spectrum" zeigte er bereits, dass "Jazz" - oder wie immer man diese Musik nennt - völlig anders klingen kann, als gewohnt. Zum Beispiel wie ein Folk-Song.

Lässige Klangschönheit

In einem Stück wie "Suspicious Child, Growing Up" hört man einige Stärken dieses Musikers besonders heraus: Er konnte Stimmungen zaubern und hatte Sinn für lässige Klangschönheit. Und er wusste, wie man Instrumente reizvoll einsetzt. Diese Musik hatte eine ganz eigene Eleganz, entsprach sehr genau diesem coolen Rock-Typen, der in Wirklichkeit ein besonderer Feingeist war. Und der Unterschiede mochte.

Giftküche und Dichter-Himmel

Auch mal wirbelnd-aufgebracht und brodelnd klang dieser damals neue Jazz, entstanden ein knappes Jahr nach der Wegweiser-Platte "Bitches Brew" von Miles Davis. Aber er war keine Kopie. Ähnliche Klang-Neugier, aber eigener Geist. Ein bisschen aus der Giftküche kam auch Kriegels Sound-Gebräu zuweilen. Aber auch ein bisschen aus dem Himmel.

Hochkarätige Partner

Denn Volker Kriegel war ein Poet. Einer, der sich darauf verstand, Dinge schöner zu sagen als andere. Und atmosphärisch intensiver. Vom lässigen Blues bis zum heißgekochten Rock- und sogar Free-Jazz klingt Vieles an auf dieser Platte - und alles ist aus einem Guss. Mit Musikern wie Bassist Peter Trunk und Pianist John Taylor hatte Kriegel damals auch hochkarätige Partner. Das Spektrum, das sich da öffnet, ist zeitlos weit.

Volker Kriegel: "Spectrum"

Volker Kriegel (Gitarre)
John Taylor (E-Piano)
Peter Trunk (Bass)
Cees See (Percussion)
Peter Baumeister (Drums, Percussion)

Label: MPS

Sendung: "Leporello" am 23. November 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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