BR-KLASSIK

Wahrscheinlich hat kein christliches Fest Komponisten aller Zeiten zu derart schöner Musik inspiriert wie das Fest der Geburt Christi. Dass die Weihnachtsmusik irgendwann beim – sagen wir – etwas schlichten Zuschnitt der "Jingle Bells" und ähnlicher Kostbarkeiten landen würde, hätten sich Komponisten der Renaissance wie Michael Praetorius, Jacobus Clemens non Papa, Johannes Eccard oder Hans Leo Hassler wohl nicht träumen lassen.

Bildquelle: Harmonia Mundi

CD Tipp 19.11.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Kompositionen für die Weihnachtszeit von ihnen und einigen ihrer Zeitgenossen finden sich auf der neuesten Veröffentlichung des großartigen englischen Vokalensembles Stile Antico: "A wondrous mystery", was so viel heißt wie "ein wundersames Geheimnis". Nein, man muss wirklich nicht grundsätzlich den ach so schönen vergangenen Zeiten nachtrauern oder das heute zu Weihnachten leider allgegenwärtige durchkommerzialisierte Kaufhausgedudel beklagen, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass in früheren Jahrhunderten wohl doch fantasie- und liebevoller für das Weihnachtsfest komponiert wurde.

Großartige Weihnachtsmusik

Was die zwölf Engländer, sechs Damen und sechs Herren, da an lateinischen und deutschen Motetten, ergänzt um die Missa Pastores quidnam vidistis von Jacobus Clemens non Papa, auf CD gebannt haben, ist durchgängig großartige Musik und meilenweit von dem entfernt, was wir heute unter dem Begriff Weihnachtslieder leider allzu oft serviert bekommen. Deshalb sei diese CD jedem, der am 24. oder 25. Dezember einmal 73 besinnliche Minuten verbringen möchte, wärmstens empfohlen.

Lebendig und farbig

Sei es die für Weihnachten gedachte Vertonung des lateinischen Magnificats, die Hieronymus Praetorius mit den Weihnachtsliedern "Joseph, lieber Joseph mein" und "In duci jubilo" verschränkt, seien es Johannes Eccards wunderbare Weihnachtssätze "Übers Gebirg Maria geht" oder "Vom Himmel hoch" oder die Messe, die Jacobus Clemens non Papa über die Melodie seiner Weihnachtsmotette "Pastores quidnam vidistis" schrieb, diese Musik versprüht eine Fröhlichkeit und ansteckende Lebenslust, die sich ganz unmittelbar jedem mitteilt, der ihr mit offenem Herzen lauscht. Stile Antico, dieses wunderbare junge Ensemble, tut das Seine dazu. Lebendiger und farbiger, aber auch klangsinnlicher und anrührender kann man diese Renaissancemusik, die nur scheinbar aus so weiter Ferne zu uns herübertönt,  einfach nicht singen. Für mich eine der schönsten Weihnachts-CDs der letzten Jahre – und ein Brückenschlag über mehr als vier Jahrhunderte.