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CD - Alexander Zemlinsky "Eine florentinische Tragödie"

"Ein hinreißendes, glutvolles, innerlich erregendes und berauschendes Tongemälde wie es seit Salome nicht geschrieben worden ist", schwärmte ein Rezensent im Januar 1917 nach der Uraufführung von Zemlinskys Einakter "Eine florentinische Tragödie". Der Vergleich mit Richard Strauss kam nicht von ungefähr: Beide Opern basieren auf Dichtungen von Oscar Wilde, und beide Komponisten waren ähnlich erfolgreich. Bis Zemlinsky ab 1933 zu jenen Verfemten und Vertriebenen gehörte, deren Schaffen für ein halbes Jahrhundert in Vergessenheit versank.

CD-Cover Alexander Zemlinsky: "Eine florentinische Tragödie" | Bildquelle: Capriccio

Bildquelle: Capriccio

Der CD Tipp zum Anhören

Alexander Zemlinsky und Oscar Wilde liefern ein Kammerspiel der Eifersucht aus dem Florenz des 16. Jahrhundert: Hörbar leidenschaftlich ist die Affäre der schönen Bianca mit dem jungen Herzog von Florenz in diesem Renaissance-Krimi nach Wildes "A Florentine Tragedy". Ein Stoff, der derart in der schwülen Luft der Zeit lag, dass sich neben Zemlinsky auch Puccini und Busoni dafür interessierten. Der lästige Ehemann heißt übrigens Simone, ist ein langweiliger Tuchhändler, nicht mehr der Jüngste und naturgemäß Bariton. Neben dem klassischen Sopran-Tenor-Liebespaar wirkt er anfangs so sympathisch wie Wagners Hunding.

Ahnungsvolle Doppelbödigkeit

Sofort begreift Simone die verstohlenen Blicke zwischen seiner Frau und dem ungebetenen Gast. Er überspielt die Situation mit harmlosem Kaufmannsgeschwätz von edlen Stoffen und ihrem Preis. Gleichzeitig spricht jedes seiner Worte unterschwellig von Liebe und Tod, Verletzlichkeit, Verachtung und Rache. Die ahnungsvolle Doppelbödigkeit von Wildes preziösem Text inspirierte Zemlinsky zu nervös changierenden harmonischen Geweben und schillernden Klangfarben. An der Oberfläche blühen anmutige Arabesken, darunter tun sich bedrohlich dunkle Abgründe auf.

Spannender Beziehungs-Showdown

Das Radio-Symphonieorchester Wien unter Betrand de Billy folgt feinnervig den psychologischen Facetten dieser kunstvollen Partitur. Heidi Brunner und Charles Reid als Bianca und Herzog sind respektable Interpreten, doch der mittlerweile als Wagner-Sänger so erfolgreiche Wolfgang Koch konzentriert durch seine stimmliche Präsenz, klare Diktion und luzide Deutung alle Aufmerksamkeit auf den scheinbaren Verlierer Simone. Wie er den Rivalen mit einem Netz aus Zweideutigkeiten umgarnt und schließlich - über die eigene Krämerseele hinauswachsend - dem Herzog mit gezogenem Schwert gegenübertritt: Das macht die innere Spannung dieser äußerlich banalen Dreiecksgeschichte aus. Und ihr musikdramatisches Potential, das der Komponist voll ausschöpft. Am Ende des Psychothrillers ist einer tot und ein liebendes Paar bleibt übrig - aber nicht Sopran und Tenor, mehr sei nicht verraten. Was da wirklich passiert in Zemlinskys Beziehungs-Showdown: Finden Sie es selbst heraus, es lohnt sich!

Alexander Zemlinsky: "Eine florentinische Tragödie"

"Eine florentinische Tragödie"
Oper in einem Aufzug

Heidi Brunner (Sopran)
Wolfgang Koch (Bariton)
Charles Reid (Tenor)
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Bertrand de Billy

Label: Capriccio

Sendung: "Leporello" am 06. Februar 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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