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Album der Woche – Cristian Măcelaru dirigiert Symphonien von George Enescu

George Enescu war nicht nur der bedeutendste Komponist Rumäniens, er war ein musikalisches Genie. Ein ausgezeichneter Dirigent und Pianist, ein fantastischer Geiger, und nicht zuletzt ein wunderbarer Mensch. Die drei vollendeten Symphonien hat jetzt sein Landsmann Cristian Măcelaru mit dem Orchestre National de France eingespielt. Die Ehrenrettung einer viel zu selten zu hörenden Musik.

CD-Cover: Cristian Măcelaru dirigiert die drei Symphonien von George Enescu | Bildquelle: Deutsche Grammophon

Bildquelle: Deutsche Grammophon

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Ein Mythos, wenn auch leider ein ziemlich unbekannter. Der Rumäne George Enescu muss eine faszinierende Erscheinung gewesen sein. Für Pablo Casals, selbst ein herausragender Musiker, war Enescu das größte musikalische Phänomen seit Mozart. Yehudi Menuhin nannte ihn den außergewöhnlichsten Menschen und Musiker, dem er je begegnet sei. Tatsächlich war Enescu vieles in einer Person: exzellenter Dirigent und Pianist, ein Geiger mit einem Ton, der unvergleichlich anrührend gewesen sein muss. Auffassungsgabe und Gedächtnis waren phänomenal: Die Partitur von Bartóks Konzert für Orchester hatte er nie gesehen und dirigierte das komplizierte Stück, ohne sich auch nur einmal zu verschlagen. Ravels Violinsonate spielte er vom Blatt und im zweiten Durchlauf gleich auswendig.

Zum Dirigenten

1980 wurde der rumänische Dirigent Cristian Măcelaru geboren, als jüngstes von nicht weniger als zehn Geschwistern. Musik studierte er in den USA, und dort begann auch sehr früh seine Karriere, als er mit 19 Jahren Konzertmeister beim Miami Symphony Orchestra wurde. Nachdem Măcelaru 2012 beim berühmten Chicago Symphony für Pierre Boulez eingesprungen war, ging es steil nach oben: conductor in residence in Philadephia, Chefdirigent beim WDR Symphonieorchester, Musikdirektor des Orchestre National de France.

Enescu, Măcelarus "persönlicher Held"

Und ja, ein wunderbarer Komponist war George Enescu nebenbei auch noch, auch wenn seine Musik heute zu selten gespielt wird. Nachvollziehbar, dass Enescu der "persönliche Held" des rumänischen Dirigenten Cristian Măcelaru ist. Der legt jetzt mit dem Orchestre National de France neben den bekannten Rumänischen Rhapsodien die drei großen, zwischen 1905 und 1918 entstandenen Symphonien vor. In ihnen verschmelzen deutsche Spätromantik, französischer Impressionismus und die Volksmusik von Enescus moldawisch bessarabischer Heimat, also völlig unterschiedliche Einflüsse, zu üppig wuchernden Klanggebilden und einem unverwechselbaren Personalstil.

Neuaufnahme auf höchstem Niveau

Dass Enescu die großen Komponisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Tschaikowsky, Richard Strauss, Gustav Mahler, auch Debussy und Ravel, sehr gut kannte, ist offensichtlich. Epigonal ist seine klanggewaltige Musik jedoch nie. Sie schwankt zwischen triumphal auftrumpfender Dramatik und verhaltener Lyrik, zwischen Heiterkeit und untergründig brodelnder Bedrohung. Die dritte Symphonie mündet in ein Finale mit textlosem Chor, taucht ein in eine unendlich friedliche, ebenso mystisch wie erotisch schillernde Atmosphäre. Sie und überhaupt viel mehr von George Enescu würde man sehr gerne einmal im Konzert erleben. Cristian Măcelaru sei Dank, dass er den wenigen Einspielungen dieser großartigen Musik eine Neuaufnahme auf höchstem Niveau hinzufügt. Der Einsatz für seinen Landsmann ist Măcelaru hörbar ein Herzensanliegen. Aber Enescu ist kein rumänisches, er ist unbedingt ein europäisches Phänomen.

Infos zur CD

George Ensecu:
Die drei Symphonien
Rumänische Rhapsodien

Orchestre National de France
Leitung: Cristian Măcelaru

Label: Deutsche Grammophon


Sendung: "Piazza" am 25. Mai 2024 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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