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Warum er sich als Sechsjähriger die Trompete ausgesucht hat? "Weil sie so schön glänzt", erklärt Matthias Höfs. Mit 18 Jahre wurde er Solo-Trompeter des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg und fast gleichzeitig Mitglied und Arrangeur des Blechbläserensembles German Brass. Auch mit der Kammerphilharmonie Bremen verbindet Höfs eine Partnerschaft: Ihre dritte gemeinsame CD widmen sie einer fast vergessenen Künstlerpersönlichkeit: Die kniffligen Stücke Oskar Böhmes sind zwar jedem Trompetenstudenten bestens vertraut, doch über die Person dahinter war lange Zeit kaum etwas bekannt.

Bildquelle: Berlin Classics

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Oskar Böhme war Sachse: 1870 als Spross einer Musikerfamilie in der Nähe von Dresden geboren, studierte er Trompete und Komposition in Hamburg und Leipzig. Dann machte er sich – wie viele junge deutsche Musiker damals – auf den Weg nach Russland. In St. Petersburg fand er wie erhofft eine lukrative Stelle als Trompeter am Mariinsky Theater. Er heiratete, nahm die russische Staatsbürgerschaft an und etablierte sich in der neuen Heimat als brillanter Musiker, Komponist und Pädagoge.

Oskar Böhme – ein Opfer des stalinistischen Terrors

Fast 20 Jahre lang führt Oskar Böhme in St. Petersburg ein unauffälliges Leben im Namen der Musik. Doch nach der Oktoberrevolution wird ihm seine deutsche Herkunft zum Verhängnis. Die Bolschewiken wittern hinter jedem ausländischen Namen Spionage und Landesverrat. Oskar Böhme verliert seine Stelle und wird mehrmals verhaftet – zunächst unter dem Vorwurf, er habe seinen Schülern deutsche Lieder vorgesungen. Die Anschuldigungen werden immer absurder, bis er 1935 nach Orenburg an der kasachischen Grenze verbannt wird. Um sich über Wasser zu halten, spielt der große Virtuose dort in einem kleinen Kinoorchester und unterrichtet viele dankbare Schüler. Für "Big Brother" sah das wohl so aus, als habe Böhme eine faschistische Spionageorganisation gegründet – jedenfalls wurde der 67-jährige wegen angeblicher "antisowjetischer Umtriebe" verurteilt und 1938 hingerichtet. Eines der vielen willkürlichen Opfer des Großen Terrors…

Virtuos, aber kein Geträller

Das "Cornet a pistons", ein Posthorn mit Ventilen – Oskar Böhme hat seinen weichen Klang besonders geschätzt und Matthias Höfs verwendet in dem melancholischen Stück "Entsagung" ein solches Kornett. Für sein Böhme-Album hat der Hamburger Trompeter einen aussagekräftigen Querschnitt durch das Schaffen des Komponisten zusammengestellt: Von den kleineren Stimmungsbildern über das Blechbläser-Sextett bis zum berühmten Trompetenkonzert hören wir hier ausdrucksstarke, romantisch empfundene Musik – spieltechnisch sehr anspruchsvoll, aber kein seichtes Virtuosen-Geträller.

Feinsinnige Arrangements

Zum Klangerlebnis tragen bei den Einzelstücken die feinsinnigen Arrangements für Instrumentalensemble bei, beim ursprünglich für Klavierbegleitung geschriebenen Konzert die Orchestrierung von Matthias Höfs. Und natürlich das facettenreiche Dirigat des 22-jährigen Finnen und Senkrechtstarters Tarmo Péltokoski am Pult der Kammerphilharmonie Bremen. Eine rund herum gelungene Hommage an den "Trompeter von St. Petersburg"!

Sendung: "Piazza" am 26. November 2022 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK