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Filmtipp – "Prélude" Ein musikalischer Psycho-Thriller

Der Weg zum Profimusiker ist oft steinig und schwer. Nicht selten zerbrechen junge Musikstudenten am ständigen Leistungsdruck und Konkurrenzkampf an den Musikhochschulen. Wie es sich anfühlen muss, vor lauter Selbstzweifel die Kontrolle über sich selbst zu verlieren, das zeigt der neue Film "Prélude", der ab heute in den Kinos läuft. Regisseurin Sabrina Sarabi gibt mit "Prélude" ihr Spielfilmdebüt. Mit einem schmerzhaft aufrüttelnden Film.

David am Klavier | Bildquelle: © Filmfest München 2019/Weydemann Bros

Bildquelle: © Filmfest München 2019/Weydemann Bros

Ehrgeizig, das ist er. Der junge David, der aus seinem behüteten Nest in die große weite Stadt zieht. Mit der Überzeugung, der Beste am Klavier zu sein. Er will allen beweisen, dass er den Drill an der Musikhochschule aushält. Doch David unterschätzt die perfiden Psychospielereien der Professoren und Mitstudenten und verliert von Minute zu Minute mehr die Kontrolle über sich und sein eigenes Leben.

Persönliche Erfahrungen als Drehbuchgrundlage

Regisseurin und Drehbuchautorin Sabrina Sarabi ist nah dran an der Realität: Ausgangspunkt ihres Psychograms sind persönliche Erfahrungen von Musikstudierenden, die von einem enormen Leistungsdruck und einem verächtlichen Umgang an den Hochschulen berichten. Und dafür findet die Regisseurin den passenden Ton: Ruhige Bilder, die mehr von Klaviermusik als von Dialoge getragen werden, bilden eine schleichende Filmdramaturgie voll physischer und psychischer Gewalt.

David und die Professorin  | Bildquelle: © Filmfest München 2019 / Weydemann Bros Konzentriertes Üben in der Musikhochschule | Bildquelle: © Filmfest München 2019 / Weydemann Bros Denn wo David zu Beginn noch mit naiver Euphorie sein Zimmer im Wohnheim bezieht und die kümmerliche Zimmerpflanze für wenige Sekunden eine heimelige Atmosphäre vorgaukelt, schreit schon auf den zweiten Blick die Tristesse des Raums durch die Kamera. Als Spiegelung des stupiden, nicht enden wollenden Übens am Klavier. Da hilft auch die erste Liebe nicht, die in David entflammt. Denn auch sie ist unkontrollierbar. Wie sein Kommilitone Walter, mehr Rivale als Kumpel, verliebt sich David in die Sängerin Marie. Wortkarg, mit diabolisch funkelnden Augen erscheint sie immer wieder an der Seite der jungen Männer. Schlürft erotisch an ihrem Rotwein, lungert sinnlich in den Betten der Musiker. Als sei sie die Dämonin der krankhaft übenden Studenten. Ist sie real? Oder doch nur eine Vorstellung?

Drastische Bilder, brutale Realität

Bis zu einem atemlosen Finale komponiert die Filmemacherin eine Abwärtsspirale aus lauter Selbstzweifeln: Mit drastischen Bildern, die im Gedächtnis bleiben. David, der sich brutal seine Finger verletzt, wenn das Übungspensum für ein Lob nicht reicht, wird eindrücklich und zerbrechlich von Nachwuchsstar Louis Hoffmann gespielt. Und auch Liv Lisa Fries als geheimnisvolle Marie und Johannes Nussbaum als Konkurrent Walter überzeugen von der ersten Minute an.

Mit schnellen Kamerawechseln und grellen Lichteinstellungen wird der Film immer mehr zu einem spannungsgeladenen Psycho-Thriller. Und dann ist "Prélude" eben auch ein Coming-of-Age-Drama, das die großen Sinnfragen des Erwachsenwerdens stellt. Was will ich? Wohin soll es gehen? Und wie viel ist es mir wert, meinen Traum zu leben? Sabrina Sarabi stellt die Fragen in ihrem Spielfilmdebüt zurückhaltend und unschuldig. Und genau das macht ihn so unglaublich. Unglaublich sehenswert.

Sendung: "Allegro" am 29. Juli 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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