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Synchronsprecher Christian Brückner Eine unverwechselbar knarzige Stimme

Seit rund 40 Jahren liegt sie in unseren Ohren - die unverwechselbare Stimme, die Christian Brückner Robert De Niro und anderen Schauspielern leiht. Auch in Hörbüchern oder Funk ist er präsent. Mit den Bamberger Symphonikern ist Brückner jetzt in einem Musikdrama zu erleben.

Synchronsprecher Christian Brückner | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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BR-KLASSIK: Es sind ja besonders die schönen Stimmen, nämlich vor allem die Sänger, die normalerweise mit einem Ehrenpreis der deutschen Schallplatten-Kritik geehrt werden. Etwas anders verhält es sich bei Ihnen. Sie erhalten in diesem Jahr den Preis für Ihre "unverwechselbar knarzige Stimme, mit der er selbst feinste Nuancen ausdrücken kann." So formulierte es die Jury zu diesem Preis der deutschen Schallplatten Kritik in ihrer Begründung. Herzlichen Glückwunsch, Christian Brückner!

Christian Brückner: Danke schön. Also, daran habe ich gar nicht gedacht. Doch ich freue mich über den Glückwunsch!

BR-KLASSIK: Ich habe sehr viel unterschlagen von dem, was die Jury an Qualitäten anführt, die Sie als Sprecher von Hörbüchern, Schauspieler, Rezitator und Synchronsprecher ausmacht. Welches Verhältnis haben Sie denn zu ihrer eigenen Stimme?

Ich musste im Laufe der Zeit glauben, dass meine Stimme etwas Ungewöhnliches ist.
Christian Brückner

Christian Brückner: Keins - besser gesagt, ich hör mich überhaupt nicht so; ich kann an mir nichts Besonderes wahrnehmen. Ich musste im Laufe der Zeit glauben, dass meine Stimme etwas Ungewöhnliches ist. Ich will mir die Stimme als Instrument für Mitteilungen zunutze machen: Mitteilungen aus dem Seelenleben - nennen wir es mal so - oder aus der Literatur. Also Dinge, die ich für die Vermittlung für geeignet halte und wo ich immer gedacht habe, das könnte für andere Menschen genauso interessant sein.

BR-KLASSIK: Sie haben einst beim Radio begonnen, beim RIAS und SFB in Berlin. Wie ist denn Ihre Karriere gestartet?

Christian Brückner: Genau zu dieser Zeit. Ich habe mir dadurch Geld verdient, um mein Studium zu finanzieren. Funk hat mich immer schon interessiert. Als Kind geriet ich zufällig an ein Hörspiel, spät in der Nacht. Seitdem war das das Radio für mich nicht bloß von hohem Interesse, sondern es hatte auch ein großes Geheimnis.

BR-KLASSIK: Ich habe mal nachgeschaut: Wir haben 722 Aufnahmen mit Ihnen im Archiv. Aber einem breiten Kinopublikum sind sie natürlich vertraut als deutsche Stimme von Robert De Niro. Schränkt einen eine solche Fokussierung auf einen einzelnen prominenten Schauspieler manchmal auch ein?

Christian Brückner: Ich habe eine Weile gedacht: "Ach, immer dieser De Niro, das ist wirklich langweilig." Ich empfand ihn in meiner Biografie und in meiner Vita überrepräsentiert. Stimmt aber nicht. Er spielt natürlich eine große Rolle, doch dieses einschränkende Gefühl habe ich schon lange nicht mehr, weil mir einfach klar ist, dass ich ganz andere Dinge mache, wo er nicht vorkommt und wo es ihn gar nicht gibt.

BR-KLASSIK: Momentan sind Sie in Bamberg und haben am Vormittag für das heutige Konzert mit den Bamberger Symphonikern geprobt. Auf dem Programm steht die Schauspielmusik zu "Egmont" von Ludwig van Beethoven. Nun ist die Egmont-Ouvertüre bestens bekannt, wird viel gespielt, aber die komplette Schauspielmusik dagegen kaum. Wie funktioniert eine solche Musik ohne das entsprechende Drama von Goethe auf der Bühne.

Synchronsprecher Christian Brückner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Christian Brückner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Christian Brückner: Das kann ich natürlich schwer beurteilen, denn ich habe die Musik vorher auch nicht gekannt. Hier gibt es ja verbindende Texte, hauptsächlich in der Form des Melodrams. Aber ich bin sehr überrascht, dass diese beiden Elemente, oder besser gesagt drei Elemente - Gesang ist ja auch noch da - sich doch sehr gut verbinden. Und ich denke, dass es eine anhörbare, spannende und auch bewegende Aufführung wird.

BR-KLASSIK: Sie haben das Melodram angesprochen, also ein auf Musik deklamierter Text. Diese Form ist heute ein bisschen aus der Mode gekommen. Was bewirkt denn die Musik bei Ihnen, wenn Sie da sprechen? Prägt das?

Christian Brückner: Ja, natürlich. Ich mache das ja gelegentlich, wenn auch nicht sehr häufig. Für mich ist es dann immer sehr spannend, wieder in so einen musikalischen Zusammenhang reinzukommen. Es ist ein besonderes Gefühl, mit einem so großen und guten Orchester auf der Bühne zu sein und zu erleben, wie sich die Musik und die ihr so sehr verwandte Sprache verbinden.

BR-KLASSIK: Und das, obwohl der Egmont am Schluss sein Leben lassen muss.

Christian Brückner: Na ja, abgesehen davon, dass die Geschichte so historisch ist, ist sie natürlich auch dramaturgisch und dramatisch interessant und lässt den Zuhörer gleichsam mitleiden.

BR-KLASSIK: Aber Sie hauchen ihm erst einmal Leben ein, diesem Egmont! Herzlichen Dank, Christian Brückner! Und ich wünsche Ihnen und Ihren Mitstreitern alles Gute und ein wunderbares Konzert.

Die Fragen stellte Falk Häfner für BR-KLASSIK.

Infos zum Konzert

Mittwoch, 15. März 2017, 19.30 Uhr
Bamberg, Konzerthalle
unter anderem mit Ludwig van Beethoven: "Egmont"
Schauspielmusik zu Goethes Trauerspiel für Sopran, Sprecher und Orchester op. 84

Mit:
Julie Boulianne, Sopran
Christian Brückner, Sprecher
Bamberger Symphoniker
Leitung: Bertrand de Billy



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