BR-KLASSIK

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Beethoven

Freiheit über alles

Ich lebe sehr einsam und still Brief an Therese Malfatti

Im Frühjahr 1810 machte Beethoven der 18-jährigen Kaufmannstochter Therese Malfatti einen Heiratsantrag. Ein Ende Mai geschriebener Brief zeigt ihn ungewohnt gesprächig, aber auch ganz anders als in den Briefen an Josephine oder die „Unsterbliche Geliebte“. Man erfährt hier sehr viel über Beethoven. Das „Thema“ bezieht sich auf ein mitgeschicktes Klavierstück.

Ich lebe sehr einsam und still, obschon hier oder da mich Lichter aufwecken möchten, so ist doch eine unausfüllbare Lücke, seit Sie alle fort von hier sind, in mir entstanden, worüber selbst meine Kunst, die mir sonst so getreu ist, noch keinen Triumph hat erhalten können. Ihr Klavier ist bestellt und Sie werden es bald haben. Welchen Unterschied werden sie gefunden haben in der Behandlung des an einem Abend erfundenen Themas und so wie ich es Ihnen letztlich niedergeschrieben habe, erklären Sie sich das selbst, doch nehmen Sie ja den Punsch nicht zu Hülfe.
Wie glücklich sind Sie, daß Sie schon so früh aufs Land konnten, erst am Achten kann diese Glückseligkeit genießen, kindlich freue ich mich darauf, wie froh bin ich einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können, kein Mensch kann das Land so lieben wie ich – geben doch Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht.
Bald erhalten sie einige andere Kompositionen von mir wobei sie nicht zu sehr über Schwierigkeiten klagen sollen. – haben Sie Göthes Wilhelm Meister gelesen, den von Schlegel übersetzten Shakespear [? ] auf dem Lande hat man so viele Muße es wird Ihnen angenehm sein, wenn ich ihnen diese Werke schicke.
(…)
Empfehlen sie mich dem Wohlwollen ihres Vaters, ihrer Mutter, obschon ich mit Recht noch keinen Anspruch darauf machen kann (…). Erinnern sie sich meiner und gern – vergessen sie das Tolle – seien sie überzeugt, Niemand kann ihr Leben froher, glücklicher wissen wollen als ich und selbst dann, wenn Sie gar keinen Antheil nehmen

an ihrem ergebensten Diener und Freund
Beethoven.

(Emerich Kastner, Julius Kapp (Hg.) Ludwig van Beethovens sämtliche Briefe. Leipzig 1923)

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