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Federico Albanese im Interview Ich schreibe keine klassische Musik

Weiträumige, assoziationsreiche Klanglandschaften – das ist die musikalische Welt von Federico Albanese. Im Rahmen der Konzertreihe "Passagen" bringt Federico Albanese seine Songs auf die Bühne des Kulturforum Fürth. Detlef Krenge hat sich mit dem vielseitigen Musiker unterhalten.

Federico Albanese | Bildquelle: Beniamino Barrese

Bildquelle: Beniamino Barrese

BR-KLASSIK: Sie schaffen musikalische Texturen, indem Sie Klänge fusionieren. In Ihrer Musik gibt es aber noch ein zweites wichtiges Element, das sind die vielfältigen stilistischen Einflüsse.

Federico Albanese: Ich bin damit groß geworden, viele verschieden Arten von Musik zu hören – und habe auch mehrere Genres der Musik studiert. Als Kind lernte ich klassische Musik auf dem Klavier zu spielen, dann kam ich zur Klarinette und zum Jazz, später war ich Bassist in Pop- und Rockbands. Dadurch habe ich wirklich sehr unterschiedliche Spielarten der Musik schätzen gelernt. Ich sage aber nicht, so, ich mische jetzt Folk mit Black Music oder Pop mit Klassik und mache daraus einen Song. Da steckt keine Absicht dahinter. Diese ganzen Einflüsse kommen ganz natürlich, ganz spontan in meine Musik. Sie sind einfach da und spiegeln sich in meinem eigenen Stil.

BR-KLASSIK: Da haben wir jetzt drei Zutaten: Zum einen das Klavier, dann mit der Klarinette die Freiheit des Jazz und schließlich der E-Bass mit all den Möglichkeiten elektronischer Klangformung, wie sie in der Rock- und Popmusik üblich ist. Sie sind dann aber schließlich zum Klavier zurückgekehrt.

Federico Albanese: Während ich mit den ganzen Bands Rock’n‘Roll spielte, habe ich auch schon mit Computern und elektronischer Musik experimentiert. Ich fertigte Remixe von klassischer Musik für meine Freunde an. Und dann, eine ganze Weile später – ich studierte inzwischen Philosophie – da habe ich irgendwie gespürt, dass ich mal etwas Ruhigeres machen sollte nach all den lauten Sachen. Und so kam das Klavier zu mir zurück. Ich entdeckte die zeitgenössische Musik und begann Bücher darüber zu lesen und war fasziniert von der minimalistischen Musik des 20. Jahrhunderts. Und dann begann ich, mein eigenes Ding zu machen – und das war jahrelang ausschließlich privat. Ich habe es für mich selber gemacht und hatte keine Idee davon, dass das eines Tages vielleicht mein Beruf werden könnte. Auch war ich als Klavierspieler sehr unsicher. Aber an einem bestimmten Punkt hat es eine Wende gegeben und ich bin einfach meinem Weg gefolgt.

Ein Teil meiner Musik ist sehr – produziert, lassen Sie es mich so sagen. Da gibt es viel Looping und Effekte, übereinandergeschichtete Klavier-Tracks und so weiter. Für ein Stück in dieser Art würde ich vielleicht ein Klavier benutzen, das eher klein ist, vielleicht ein Klavier, wie man es zu Hause hat. Das mag ich gerade für die hohen Noten, für Melodien. Und dann würde ich einen Konzertflügel nehmen, um die Bass-Akkorde zu spielen. Ich kombiniere diese beiden Klänge sehr gerne. Manchmal nehme ich aber auch ein Solostück mit verschiedenen Klavieren auf und entscheide dann, welches am besten passt. Das ist faszinierend, weil sich ein Stück in etwas komplett Anderes verwandeln kann, wenn Du es auf verschiedenen Instrumenten spielst. Manchmal sind es auch einfach die Umstände: Ich bin gerade im Urlaub und da steht irgendwo ein Klavier. Ich spiele vielleicht aus Neugier darauf herum und nehme etwas auf. Und das entpuppt sich dann später als nützlich, wenn ich ein Alum produziere. Es ist immer eine Kombination aus diesen Dingen.

Ich sehe mich nicht als einen klassischen Pianisten, ich sehe mich nicht mal als Pianisten.
Federico Albanese

Da gibt es Leute, die studieren und üben ihr ganzes Leben und können die ganzen alten Meister spielen. Das sind die wahren Pianisten. Und sie sollten auf diese Weise wahrgenommen werden. Ich bin eher ein Komponist, jemand, der das Klavier und Streicher und jedes andere klassische Instrument einsetzt, um der Musik zu dienen, die ich erschaffen möchte. Und das ist keine klassische Musik. Es ist etwas Anderes. Es ist moderner, nahe der elektronischen Welt und der Zeit, in der wir heute leben.

Biografie

Der italienische Komponist, Pianist und Musikproduzent Federico Albanese wurde1982 in Mailand geboren und lernte als Kind Klavier und Klarinette zu spielen. Seine musikalische Vielseitigkeit drückt er in weiträumigen Werken aus, die Klassik, Pop und elektronische Musik miteinander verbinden. 2007 gründet er mit der Sängerin Jessica Einaudi das Avantgarde-Duo "La Blanche Alchimie". 2012 wurde ihr Album "Galactic Boredom" für den Preis der deutschen Schallplattenkritik in der Kategorie "Bestes Independent Album" nominiert. 2014 produzierte Albanese das Debüt-Album "Melt" von J Moon, Jessica Einaudis Soloprojekt. Ebenfalls 2014 veröffentlichte er sein eigenes Solo-Debüt "The Houseboat and the Moon", 2016 erschien der Nachfolger "The Blue Hour". Sein Stück "Shadowland Suite" führte er zusammen mit dem Deutsches Kammerorchester Berlin auf. Im Februar 2018 erschien das dritte Soloalbum "By The Deep Sea". Darüber hinaus hat Albanese Musik für diverse Filme und auch Werbefilme geschrieben sowie produziert. Darunter "Alles im grünen Bereich" von Bahar Ebrahim, der ARTE-Dokumentarfilm "Cinema Perverso" von Oliver Schwehm und die BBC-Serie "Our GIrl".

Das Konzert mit Federico Albanese im Rahmen der Konzertreihe "Passagen" gibt es am 16. November um 20.00 Uhr im Videostream live aus dem Kulturforum Fürth.

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