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Ragna Schirmer im Interview Was auf welchem Instrument geht

Ragna Schirmer spielt am Freitag, 1. Juni beim Mozartfest in Würzburg Mozarts Klavierkonzert KV 414 und Haydns Viertes Klavierkonzert in G-Dur - und zwar auf einem nachgebauten Walter-Flügel. Warum der Pianistin das jeweils passende Instrument - historisch oder auch nicht - so wichtig ist, verrät sie im BR-KLASSIK-Interview.

Pianistin Ragna Schirmer | Bildquelle: © Robert Dämmig

Bildquelle: © Robert Dämmig

BR-KLASSIK: Ragna Schirmer, Sie haben eine Einspielung mit allen Händel-Orgelkonzerten gemacht: mit drei CDs - und Sie spielen auf drei verschiedenen Instrumenten und mit drei ganz verschiedenen Ensembles. Das ergibt natürlich ein unglaublich unterschiedliches Klangbild: Beginnt für Sie die Musik genau dann eigentlich erst zu leben?

Ragna Schirmer: Das war für mich wahnsinnig spannend. Nach den Händel-Suiten, wo es darum ging, die Barockmusik auf einen modernen Konzertflügel zu übertragen, was ja mittlerweile ein sehr gängiges Verfahren ist, ging es hier darum, diese Orgelkonzerte mal ganz verschieden abzubilden. Wir sind im Zuge der Vorbereitungen immer ideenreicher und kleinteiliger geworden. Und der Kern ist natürlich dieser Hammerflügel mit dem Barockorchester - und die Auseinandersetzung damit. Und dann dieses Abbilden der Entwicklung des Klangbildes anhand von sich dann doch ähnlichen Stücken innerhalb eines Genres. Das war für mich als Pianistin natürlich auch unglaublich wichtig. Ich habe ganz, ganz viel gelernt: Was geht auf welchem Instrument? Was hat man zu welcher Zeit wie auch rein technisch bewältigen können?

Die Musik lebt, weil sie immer nur in dem Moment, in dem sie erklingt, auf dem jeweiligen Instrument, was einem dann zur Verfügung steht, ausgedrückt werden kann - und muss.
Ragna Schirmer

Ein Fuhrpark von Instrumenten

BR-KLASSIK: Was auf welchem Instrument geht, dazu kann wohl keine so gut Antworten geben wie Sie. Sie haben eine ganze Menge Instrumente. Und Sie haben für diese Instrument ein, möglicherweise mittlerweile auch zwei Lager, in denen sie alle stehen. Wie muss ich mir das überhaupt vorstellen?

Ragna Schirmer: Das ist wahrscheinlich ähnlich wie mit anderen Sammelleidenschaft: Wenn man einmal anfängt, dann nimmt es kein Ende. Und gerade im 19. Jahrhundert hat der Klavierbau ja unglaubliche Phasen durchlaufen, wo man eigentlich alle fünf Jahre neue Flügel entwickelte, auch mit ganz neuen Möglichkeiten: Das Pedal veränderte sich, der Korpus veränderte sich, die Spannungsverhältnisse veränderten sich vom Ein- zum Zwei- zum Dreisaiter. Da passierte unheimlich viel. Und man möchte natürlich, wenn man sich auf Konzerte vorbereitet, selbst wenn man nicht mit eigenen Instrumenten reist, auch die Möglichkeit haben, die verschiedenen Anschlagsarten zu Hause zu üben. Jetzt habe ich mittlerweile auch ein Tafelklavier bei mir im Übezimmer und einen Broadwood von 1840 mit englischer Mechanik. Für das Konzert in Würzburg brauche ich die Wiener Mechanik: Das bereite ich mit dem Tafelklavier vor. Und daneben habe ich noch ein Lager mit einem Fuhrpark von Instrumenten, mit denen ich reise.

Spezialisten für den Transport

BR-KLASSIK: Wenn Sie dann das ein oder andere Instrument aus diesem Fuhrpark auswählen, für ein bestimmtes Konzertprojekt oder für einen Auftritt, wie läuft das dann mit dem Transport? Jeder, der mal umgezogen ist und einen Flügel oder ein Klavier transportiert hat, der hat mitbekommen, was das für ein Akt ist, dass dieses Ding überhaupt heil ankommt.

Ragna Schirmer: Also für die historischen Instrumente übernehmen den Transport natürlich Spezialisten. Im Idealfall macht es derjenige, der den Flügel auch vor Ort für das Konzert vorbereitet und während des Konzerts betreut, weil sich historische Instrumente noch schneller verstimmen als unsere heutigen. Das liegt an dem Holzkorpus, der natürlich noch nicht so stabil ist wie ein moderner Gusseisenrahmen. Im Fall des Konzerts in Würzburg kommt der Nachbau des Walter-Flügels aus Leipzig. Das ist genau das Instrument, auf dem ich auch meine Händel-Aufnahmen gemacht habe. Der Flügel wird von demjenigen transportiert, der ihn gebaut hat und vor Ort betreut: nämlich Matthias Arens.

Deutliche Trennung bei Mozart

BR-KLASSIK: Sie spielen in Würzburg zwei Stücke: Mozarts Klavierkonzert KV 414 und von Haydn das Vierte Klavierkonzert in G-Dur. Passen beide Stücke für dieses Instrument gleich gut?

Ragna Schirmer: Ja, die sind ja aus einer ähnlichen Zeit. Ich werde aber trotzdem versuchen, eine unterschiedliche Herangehensweisen an beiden Klavierkonzerte zu zeigen. Wir treffen uns ja jetzt schon mit dem Orchester in Kopenhagen und bereiten das vor. Das heißt, wir werden auch gemeinsam überlegen, wie man auch den Klang der beiden Konzerte unterschiedlich gestalten kann. Das Haydn-Konzert ist etwas schlanker, meiner Meinung nach kammermusikalischer angelegt. Das Mozart-Konzert ist zwar auch ein Kammerkonzert, aber der Geist Mozarts zeigt schon, dass er doch die Trennung von Orchester und Solist deutlicher vornimmt. Ich werde da zum Beispiel beim Haydn-Konzert einige von den Continuo-Stimmen mitspielen - und bei Mozart eher nicht. Um so auch die Unterschiede zu zeigen.

Natürlich gibt mir der Hammerflügel nicht die Möglichkeit - wie ich das auf dem modernen Flügel manchmal mache -, ganz moderne Kadenzen beizusteuern, die den Tonumfang des Hammerflüges sprengen würden und wahrscheinlich auch den Klang des Flügels nicht eins zu eins abbilden würden. Insofern bleibe ich dann doch sehr traditionell, was die Kadenzen und Eingänge angeht.

Sendung: "Leporello" am 29. Mai 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Ragna Schirmer beim Mozartfest Würzburg

Freitag, 1. Juni 2018, 20:00 Uhr Residenz, Kaisersaal

Ragna Schirmer (Klavier)
Concerto Copenhagen
Leitung: Lars Ulrik Mortensen

Friedrich Ludwig Æmilius Kunzen:
Symphonie g-Moll
Wolfgang Amadeus Mozart:
Klavierkonzert Nr. 12 A-Dur KV 414
Joseph Haydn:
Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur Hob. XVIII:4
Symphonie Nr. 34 d-Moll Hob. I:34

Das Mozartfest Würzburg 2018 findet vom 25. Mai bis 24. Juni statt.
Informationen zu Programm und Vorverkauf gibt es auf der Homepage des Festivals.

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