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Marni Nixon gestorben Die "Stimme hinter der Stimme"

Die amerikanische Sängerin Marni Nixon ist tot. Sie starb 86-jährig in New York. Sie trat sowohl am Broadway als auch in Opernhäusern auf. Berühmt wurde sie jedoch vor allem, weil sie in zahlreichen Filmen, etwa "West Side Story" oder "My Fair Lady", Filmstars wie Natalie Wood und Audrey Hepburn für Gesangseinlagen ihre Stimme lieh.

Die Sängerin Marni Nixon | Bildquelle: imago stock & people

Bildquelle: imago stock & people

Die Liebe zur Musik wurde der 1930 in Kalifornien geborenen Marni Nixon in die Wiege gelegt: Ihr Vater, ein gebürtiger Schotte, war Geschäftsmann, die Mutter hatte deutsche Vorfahren, war Lehrerin von Beruf und spielte mehrere Instrumente. Sie selbst begann mit vier Jahren Geige zu spielen und lernte Noten lesen, noch bevor sie schreiben konnte. Bereits als Kind trat sie als Schauspielerin auf und sang im Chor. Später studierte sie Gesang. Sie sei sehr europäisch aufgewachsen, sagt Marni Nixon. Zu Hause wurde deutsch gesprochen. Als 20-jährige heiratete sie den aus Wien stammenden Komponisten Ernest Gold.

Zum Synchronsingen oder "Dubbing", wie es auf Englisch heißt, kam Marni Nixon eigentlich durch Zufall. Die Sängerin, die als Gesangsdouble für Deborah Kerr in der Verfilmung des Musicals "The King And I" im Jahr 1955 vorgesehen war, starb bei einem Verkehrsunfall und man musste so schnell wie möglich für Ersatz sorgen. Marni Nixon hatte schon öfter für den Film gearbeitet und sich dabei den Ruf von Zuverlässigkeit erworben. Man gab ihr ein Tonband mit der Stimme von Deborah Kerr. Nixon studierte es, sang vor und bekam den Job. Dann ging es auf die Probebühne: " Wir standen ganz nah beisammen", und wann immer sie auf der Probebühne innerhalb einer Szene einen Song zu singen hatte, stand ich jedes Mal mit auf und ging mit ihr durch die ganze Szene und wir sangen den Song gleichzeitig", erinnerte sich Marni  Nixon." Sie nahm von mir die Energieströme und die verschiedenen Körperspannungen, und ich sah auf sie, hörte auf ihren Akzent, so dass ich ihre Art zu sprechen viel besser  nachahmen konnte. Wenn wir zufrieden waren, gingen wir ins Studio und nahmen auf." Einige der Songs in "The King And I" sind in Wirklichkeit Duette. Kerr und Nixon wechseln sich ab. Aber im Kino merkte das niemand.

Marni Nixon über ihre Zusammenarbeit mit Marilyn Monroe

Der nächste Film, für den man Marni Nixon engagierte, war im Jahr 1961 die "West Side Story", mit Natalie Wood und Richard Beymer in den Hauptrollen. "Man hatte ihr gesagt", erzählte Marni Nixon drei Jahrzehnte später in einem Zeitungsinterview, "man würde nur die hohen Noten synchronisieren. Sie ließen sie singen und warfen das Tonband anschließend weg, ohne es ihr zu sagen."

"Tonight"aus der "West Side Story" mit Marni Nixons Stimme

Im Jahr 1964 folgte eine weitere Musical-Verfilmung: "My Fair Lady" mit Audrey Hepburn als Eliza Doolittle und Rex Harrison als Professor Higgins. Marni Nixon hatte inzwischen den Ruf einer Spitzen-Synchronsängerin und wurde zum Vorsingen gebeten, zur Audition. Da sie wusste, wofür sie vorsang, hatte sie bereits den Cockney Dialekt der Eliza Doolittle geübt. Gleichzeitig sang die klassisch ausgebildete Sängerin Konzerte und Opern. Der musikalische Direktor war André Previn. Als ihm Nixon bei einem klassischen Konzert erzählte, sie hätte für "My Fair Lady" vorgesungen, wurde er wütend, weil man die Audition ohne ihn durchgeführt hatte. Jedenfalls sang Marni Nixon ein zweites Mal vor, diesmal in New York, wo es mehr als genug geeignete Eliza Doolittles gab. Um Objektivität zu gewährleisten, standen die Teilnehmerinnen bei diesem zweiten Vorsingen hinter einem Paravent. Wer den Job bekam, ist bekannt.

In den Jahren danach spielte Marni Nixon auf der Bühne die Eliza Doolittle auch immer wieder selbst. Die Erfahrungen, die sie beim Synchronsingen gewonnen hatte, waren unersetzbar. So nah mit den besten Schauspielerinnen zusammen zu sein, war die beste Schauspielschule, die denkbar war, erzählte sie später. Schon deshalb hat sie ihre Laufbahn als Synchronsängerin nie bereut.

Ich hatte nie das Gefühl, nicht ich selbst zu sein, auch nicht beim Synchronisieren. Es gehörte einfach dazu.
Marni Nixon

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