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Blackfacing-Skandal um Netrebko Sopranistin Angel Blue sagt Verona ab

Eigentlich wollte Angel Blue in Verona ihr Debüt geben. Doch jetzt hat die US-amerikanische Sopranistin abgesagt. Der Grund: Blackfacing an der Arena di Verona. Und das hat auch mit Anna Netrebko zu tun.

Aida in Verona | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Es hätte ihr Debüt werden sollen. Und sie hatte sich darauf gefreut. Am 22. Juli wollte Angel Blue zum ersten Mal in der Arena di Verona auftreten - als Violetta in Verdis "La Traviata". Doch jetzt hat die US-amerikanische Opernsängerin abgesagt. Sie wirft dem Veranstalter Blackfacing vor.

Anna Netrebko und Blackfacing

Vor einer Woche war Anne Netrebko in der Arena als Aida aufgetreten. In der Rolle der äthiopischen Prinzessin trug Netrebko dunkles Make-Up. Bilder von sich in diesem Outfit hatte Netrebko auch in sozialen Medien gepostet. Angel Blue empfindet das als unpassend. Sie wirft dem Veranstalter Blackfacing vor, also die Herabwürdigung schwarzer Menschen duch eine inzwischen kritisch diskutierte Bühnenpraxis. Der reagierte auf den Vorwurf und erklärte gegenüber dem Magazin OperaWire, es handle sich um eine historische Inszenierung. Entworfen wurde sie vom berühmten Regisseur Franco Zeffirelli. Sie sei in einer Zeit entstanden, "als diese sensiblen Themen noch nicht so ein Thema waren."

Es ist sehr schwer, eine historische Produktion zu ändern.
Veranstalter der Arena di Verona

Verdis "Aida" in der Arena di Verona | Bildquelle: picture-alliance/ ZB Franco Zeffirellis Inszenierung von "Aida" für die Arena di Verona stammt aus dem Jahr 2002. | Bildquelle: picture-alliance/ ZB Überall auf der Welt hätte es früher das gegeben, was heute als Blackfacing bezeichnet würde. Der Sprecher verglich die Arena die Verona mit einer Art Theatermuseum und betonte, man könne eine solche Inszenierung nicht einfach ändern, "weil es bedeutet, etwas zu ändern, was so entworfen wurde." Franco Zeffirelli hatte "Aida" vor 20 Jahren für die Arena di Verona inszeniert. In diese Inszenierung ist die Oper auch jetzt zu sehen - mit den Kostümen von Anna Anni und der Originalchoreografie von Vladimir Vasiliev.

Angel Blue postet ihre Absage auf Social Media

Am Donnerstag postete Angel Blue in den Sozialen Medien zwei schwarze Tafeln mit dem Text: "Liebe Freunde, Familie und Opernliebhaber, ich bin zu dem unglücklichen Schluss gekommen, dass ich diesen Sommer nicht wie geplant "La Traviata" in der Arena di Verona singen werde." Sie empfinde das Blackface-Make-up, das Netrebko in Aida verwendet habe, als beleidigend und rassistisch. Sie verwies auf eine veraltete Theatertradition, die in der modernen Gesellschaft keinen Platz haben solle.

Ich kann nicht mit einer Institution zusammenarbeiten, die diese Praxis fortführt.
Angel Blue

"Ich hatte mich so darauf gefreut, mein Hausdebüt in der Arena di Verona mit einer meiner Lieblingsopern zu geben. Aber ich kann nicht guten Gewissens mit einer Institution zusammenarbeiten, die diese Praxis fortführt", schrieb die Sopranistin weiter. Gleichzeitig bedankte sie sich für das Verständnis und die Unterstützung, die ihr und anderen schwarzen Künstler*innen entgegengebracht würde.

Blackfacing als Bühnenpraxis

Der Begriff des „Blackfacing“ geht zurück auf Bühnenshows in den USA des 18. und 19. Jahrhunderts, bei denen schwarz angemalte Weiße Sprache und Tanz von Afroamerikaner*innen karikierten: das Gesicht mit Schuhcreme schwarz geschminkt, die Lippen grotesk überzeichnet, ganz eindeutig eine Herabwürdigung schwarzer Menschen. In den USA gibt es bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema, in Deutschland ist die Diskussion darüber noch relativ jung. Vor wenigen Monaten sorgte eine Inszenierung der Oper "Jonny spielt auf" von Ernst Krenek am Gärtnerplatztheater in München für Aufregung - dort setzte die Regie ganz bewusst auf Blackfacing als Stilmittel.

Anstelle von Angel Blue wird am 22. Juli wahrscheinlich die armenische Sopranistin Nina Minasyan die Rolle der Violetta übernehmen. Sie singt auch bei der Premiere heute Abend.

Sendung: "Leporello" am 15. Juli 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

Kommentare (6)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Samstag, 23.Juli, 14:31 Uhr

Alexander J.

Netrebko

Wir stehen hinter Frau Netrebko!

Mittwoch, 20.Juli, 14:50 Uhr

Mueller

Blackfacing

Wer seine Geschichte leugnet - und nicht nur in der Musik - straft sich selbst! Jede Wurzel ist wichtig, die kleine zarte und die kräftige für die Standfestigkeit, die Natur beherrscht es. Der Mensch scheinbar immer weniger!

Montag, 18.Juli, 13:21 Uhr

Wolfram Huber

Verona

Man kann wirklich alles übertreiben. Vielleicht sollte man mehr darauf achten, ob in den einzelnen Fällen eine beleidigende oder rassistische Absicht vorhanden war; was hier sicherlich nicht zutrifft.

Sonntag, 17.Juli, 23:27 Uhr

Nico

Dann können wir auf diese Dame und ihre allüren ich gern verzichten. Hoffentlich kriegt sie keine Rollen mehr in Europa.

Sonntag, 17.Juli, 11:53 Uhr

Trachtenberg Erich

Blackfacingm

Man kann es auch übertreiben.

Sonntag, 17.Juli, 10:25 Uhr

Kurt Hurrle

Netrebko, Blackfacing

Was für ein Streit um Nichts. Da wird mit geradezu hysterischer Scheinbetroffenheit ein "Problem" geritten, das es im Grunde nicht wirklich gibt. Da wird eine weiße Sängerin schwarz geschminkt für die Rolle einer äthiopischen Prinzessin. Äthiopier und Äthiopierinnen haben in der Regel eine dunkle Hautfarbe. Was ist daran diskriminierend, wenn eine Weiße für eine Rolle, die eine dunkelhäutige Person darstellt, entsprechend geschminkt wird? Sicher, echtes Blackfacing ist nicht akzeptabel, da es diskriminierend und menschenverachtend ist. Allein das Hineinschlüpfen in eine Rolle est allein noch keine Herabwürdigung, sondern kann durchaus auch der respektvolle Umgang mit der Tatsache sein, dass es Menschen unterschiedlicher Hautfarbe gibt. Solange das Schlüpfen in eine Rolle nicht dazu genutzt wird, jemanden aufgrund der Hautfarbe etc. herab zu würdigen (wie z.B. in Minstrel-Shows) finde ich dies nicht verwerflich. Menschen sind nun Mal vielfältig, aber immer gleichwertig.

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