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ARD-Musikwettbewerb 2016 - Auftakt Horn Kiekst er oder kiekst er nicht?

Wie heißt der Fachbegriff für ein Horn? Glücksspirale! Den alten Witz haben die 40 Teilnehmer der ersten Wettbewerbsrunde bestimmt schon Tausend Mal gehört. Die Leidenschaft für die Musik und die Liebe zu ihrem Instrument lassen sich die Hornisten aber sicher nicht nehmen - trotz Risikofaktor.

ARD-Musikwettbewerb Auftakt Horn | Bildquelle: © BR/Felix Hentschel

Bildquelle: © BR/Felix Hentschel

Wenn man über das Horn spricht, dann wird meist ganz tief in die Klischeekiste gegriffen. Das Horn - die Glücksspirale - heißt es da, und man weiß nie, was rauskommt: Ton oder Kiekser. Ich muss zugeben: auch ich habe diesen Witz im Vorfeld des ARD-Musikwettbewerbs bestimmt an die hundert Mal gemacht. Aber nach diesem ersten Wettbewerbstag im Fach Horn, an dem sich die ersten 13 von 40 jungen Hornisten der renommierten Jury rund um Hornistin Marie-Luise Neunecker stellen müssen, sehe ich das anders.

Wer Horn spielt, der kiekst nun mal

Ab sofort bewundere ich die Hornisten. Denn ich treffe an diesem Wettbewerbstag ausschließlich hochmusikalische Menschen, die mit viel Freude und Leidenschaft musizieren und ihr Instrument lieben - trotz Risikofaktor. “Klar”, sagt einer, "wenn die Jury aus Kiekserzählern besteht, dann haben wir's schwer". Ein anderer nimmt es mit Humor: "Wenn man kiekst, dann wenigstens nicht peinlich berührt, sondern dann muss man auch mit Stolz kieksen - ändern kann man es eh nicht mehr". Und das ist genau der Punkt: die Musiker müssen sich mit der Fehlbarkeit ihres Instruments anfreunden. Wer Horn spielt, der kiekst nun mal ab und zu. Das ist ganz normal. Sie spielen einfach ein unfassbar schweres Instrument, die Hornisten. Die hohen Töne liegen ganz eng beieiander und selbst den Profis passiert's, dass mal ein paar Noten daneben gehen. “Wir versuchen aber, durch gute Vorbereitung diesen Glücksmoment aufs Minimum zu reduzieren”, erklärt Ivo Dudler aus Berlin. Scheint ihm gut zu gelingen, der 21-Jährige ist immerhin Akademist der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker.

Wer Horn spielt, muss also damit leben, dass es schief gehen kann. Aber in so einer Wettbewerbssituation, in der die Anspannung hinter der Bühne doch merklich groß ist, ist das auch leichter gesagt, als getan. US-Amerikaner John Turman ist nach seinem Wertungsspiel merklich unzufrieden: "Ich hab mich Monate lang auf diesen einen Moment vorbereitet, hab so viel Geld und Aufwand in die Reise nach München gesteckt - und dann vermassel ich's komplett". Einige Hornisten ziehen die Parallele zum Singen: wenn von der Aufregung Lippen und Kehle trocken werden, funktioniert's nicht mehr. Und trotzdem muss man die 35 Minuten Spielzeit auf der Bühne rumbringen, auch wenn man sich nicht wohl fühlt.

Vom gold-glühenden Zauberton bis zum gruseligen Grummeln

Aus jeweils drei klassischen Hornwerken durften die Teilnehmer im Vorfeld des Wettbewerbs für die erste Runde auswählen: eine Cherubini-Sonate, das Haydn Hornkonzert in D-Dur und Mozarts Es-Dur Hornkonzert. Kombiniert werden diese Standards des Horn-Repertoires mit Zeitgenössischem: dem Hornkonzert des Engländers Oliver Knussen, dem Hornkonzert von Peter Maxwell Davies oder dem Horn Concerto von Krzysztof Penderecki. Besonders letzteres sorgt dafür, dass dieser ganze Tag voll Hornmusik nicht eintönig und langweilig wird. Denn in diesem Stück können die Hornisten alle klanglichen Facetten zeigen, die ihr Instrument zu bieten hat: von gold-glühendem Zauberton, über das direkte, helle Tröten bis hin zum gruseligen Grummeln und gedämpften Raunen. Und jeder der Wettbewerbsteilnehmer erzählt die musikalische Geschichte des Konzerts ein wenig anders.

Musikalisches Risiko oder kiekserfreie Technik?

Beim Hören dieser ersten Teilnehmer merke ich also schnell: hier geht's doch gar nicht um die ollen Kiekser. Darauf höre ich nach kurzer Zeit gar nicht mehr, sondern versuche, auf die Musikerpersönlichkeit zu achten: auf den Ausdruck, das Auftreten - und das könnte bei den einzelnen Teilnehmern gar nicht unterschiedlicher sein. Meine Favoriten sind die Hornisten, bei denen ich merke, dass sie mit voller Freude, voller Begeisterung dabei sind und sich furchtlos reinstürzen in ihre Stücke. Ich bin sehr gespannt, wie die Jury nach dieser ersten Runde bewertet. Ob sie das auch so sieht und den Mut fürs musikalische Risiko belohnt - oder ob doch eine einwandfreie, kiekserfreie Technik den Ausschlag für die Teilnahme an der zweiten Runde geben wird.

Fach Horn beim 65. ARD-Musikwettbewerb

1. Durchgang: 3. bis 5. September 2016
2. Durchgang: 6. und 7. September 2016
Semifinale: 9. September 2016
Finale: 11. September, 16.00 Uhr

Alle Runden sind öffentlich, die ersten beiden Durchgänge bei freiem Eintritt.
Im Fach Horn finden die Runden im Münchner Gasteig und im Prinzregententheater statt, das Finale ist im Herkulessaal der Residenz.

Den genauen Zeitplan der Wettbewerbsrunden finden Sie hier.

BR-KLASSIK informiert mehrfach täglich über den Verlauf des Wettbewerbs - mit aktuellen Informationen und mehreren Sondersendungen. Ab dem Semifinale werden alle Schlussrunden als Video-Livestream übertragen. Auch die drei Preisträgerkonzerte sendet BR-KLASSIK live - im Radio und als Videostream.

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