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Das Fach Schlagzeug beim ARD-Musikwettbewerb 2019 Wacker geschlagen

Zum 8. Mal war Schlagzeug als Fach beim ARD-Musikwettbewerb dabei. Die Finalisten Kai Strobel, Aurélien Gignoux und Weiqi Bai schlugen sich zusammen mit 16 anderen Kandidatinnen und Kandidaten durch die Wettbewerbsrunden. Wie ist es ihnen ergangen?

Kai Strobel, Weiqi Bai, Aurélien Gignoux | Bildquelle: ©Daniel Delang

Bildquelle: ©Daniel Delang

Ich bin im Instrumentenlager gelandet. Hier, in den Räumen der Opernschule an der Musikhochschule in München, ist das Fach Schlagzeug zuhause. Während des ARD-Musikwettbewerbes sind hier die Instrumente gelagert. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich ausleihen, was ihnen in ihrer Bühnen-Aufstellung noch fehlt. Große Trommeln, Paukensätze, Holzblöcke und Bleche sehe ich. Aber auch ungewöhnliches Schlagwerk, wie zum Beispiel das koreanische Instrument Kwen-Gwa-Ri: ein kleiner hellgoldener Gong mit weißer Kordel, der ein bisschen so aussieht wie eine flache Klangschale. "Die hat uns die Komponistin geliehen", erzählt mir Andreas Regler, der die benötigten Instrumente zur Verfügung stellt.

Klänge verstehen und verdauen

Das Instrumentenlager in der Musikhochschule | Bildquelle: © Daniel Delang Bildquelle: © Daniel Delang Mit weißer Farbe sind die Initialen von Younghi Pagh-Paan auf die Rückseite geschrieben: "YPP". In ihrer Auftragskomposition "Klangsäulen für Schlagzeug Solo" setzte sie zwar koreanische Instrumente, aber nicht die dazugehörigen traditionellen Spieltechniken ein – sie wollte es den Kandidatinnen und Kandidaten nicht zu schwer machen. Vielmehr ging es ihr darum, dass die Schlagzeuger mit Instrumenten aus unterschiedlichen Materialien und Tonumfängen arbeiten, um "Klänge zu verstehen und zu verdauen", erklärt mir die Komponistin.

"Die Partitur ist wie eine Gebrauchsanweisung!"

Für Aurélien Gignoux, der den Preis für die Auftragskomposition erhalten hat, bedeutet das erstmal, der Partitur wie einer Gebrauchsanweisung zu folgen und die Instrumente im Instrumentenlager in der Opernschule zusammenzusuchen. "Der nächste Schritt ist dann die Aufstellung. Vielleicht merke ich dann erst am Ende der Partitur, dass ich die Instrumente anders platzieren muss, weil sich sonst meine Arme überkreuzen." Erst wenn das geregelt ist, kommt die Arbeit am Klang.

Gewaltige Klangsäule

Aurélien Gignoux | Bildquelle: © Daniel Delang Bildquelle: © Daniel Delang Als Aurélien das Stück im Semifinale als letzter spielt, habe ich schon fünf Stunden Musik hinter mir. Seine Aufstellung ist direkt vor meinem Platz in der linken Parkettloge und lässt für mich und das Publikum tatsächlich eine Klangsäule entstehen, die sich mit ihrer Klanggewalt fast physisch neben mir aufbaut. Danach kommen die Instrumente wieder zurück in die Opernschule, unermüdlich von den Helferinnen und Helfern auf- und abgebaut. Und auch von Teilnehmern wie dem Finnen Kalle Hakosalo, der eigentlich schon nach dem 2. Durchgang ausgeschieden ist.

Ich habe noch 45 Minuten bis mein Bus geht! Lasst uns harte 45 Minuten daraus machen!
Kalle Hakosalo

Das ruft er Augustin Lipp und Nozomi Hiwatashi zu, die verspätet aus Stuttgart kommen und jede helfende Hand gebrauchen können. Kalle Hakosalo packt mit an. Augustin Lipp hat für das Stück "Intérieur I für einen Schlagzeuger" von Helmut Lachenmann wirklich einige Instrumente dabei. Das Repertoire hat sich seit dem letzten ARD-Musikwettbewerb im Fach Schlagzeug nur minimal verändert. Ihm ist es fast schon ein bisschen zu alt. Er hat Lust, neue Kompositionen zu entdecken und mit Komponisten zusammenzuarbeiten.

Schlagzeug geht nach vorne und ich möchte gerne etwas Neues machen.
Augustin Lipp

Kai Strobel | Bildquelle: © Daniel Delang Bildquelle: © Daniel Delang Kai Strobel, der Gewinner des ersten Preises, kommt auch im Instrumentenlager vorbei. Er fragt nach einem Stückchen Leder oder Stoff für seine Trommeln. Mir fällt auf, wie zuvorkommend und unkompliziert er den Helferinnen und Helfern begegnet und wie fokussiert und perfekt vorbereitet er jede Runde des Wettbewerbs bestreitet. Zum Ausgleich und für die Kondition beim Spielen macht er Fitness, auf Reisen holt er sich neue musikalische Eindrücke. Das hört man auch in seinem letzten Stück beim Finale im Herkulessaal der Münchner Residenz. Bei Avner Dormans "Frozen in Time" versetzt er uns in die Zeit, als die Kontinente noch eins waren, und lässt durch die Musik transkulturelle Bezüge entstehen. Für mich endet damit die Reise durch das Fach Schlagzeug beim ARD-Musikwettbewerb. Genau wie Avner Dormans Stück war sie unglaubich intensiv, klanggewaltig und bunt.

Die drei Preisträgerkonzerte am 18., 19. und 20. September überträgt BR-KLASSIK live im Radio und als Video-Stream

Sendung: "Allegro" am 16. September 2019 ab 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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