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Referendum in Grossbritannien Was Brexit für die Musikszene bedeutet

Großbritannien hat entschieden: 52 Prozent der Briten stimmten für einen Ausstieg aus der EU. Nun befürchten viele Kulturschaffende negative Folgen für die britische Musik- und Kunstszene.

Die Flagge von Großbritannien weht in Berlin neben der europäischen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa/Stephanie Pilick

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Am 23. Juni stimmte die knappe Mehrheit der britischen Bevölkerung für einen Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. Ein schwarzer Tag für Richard Mantle, Intendant der Opera North in Leeds: "Kunst ist grenzüberschreitend", sagte er schon im Vorfeld des Referendums. "So viele junge britische Künstler, Sänger, Musiker, Regisseure, Designer etc. haben ihr Talent nach Europa gebracht und können sich frei in der EU bewegen. Ich will nicht, dass wir Briten uns isolieren, denn in der Bewegungsfreiheit liegt ein großer Reichtum."

Ich will nicht, dass wir Briten uns isolieren.
Richard Mantle, Intendant der Opera North in Leeds

Das Abstimmungsergebnis könnte diese Bewegungsfreiheit in Zukunft einschränken. Dies hätte weitreichende Konsequenzen für die britischen Kulturschaffenden, so der Verband der britischen Musikindustrie British Phonographic Industry (BPI). Künstler müssten in Zukunft voraussichtlich Arbeitsgenehmigungen für Touren durch Europa beantragen, was das Reisen kostspieliger und umständlicher macht. Dasselbe könnte bald für Künstler anderer EU-Staaten gelten, die in Großbritannien arbeiten wollen. In einem offenen Brief mit dem Titel "Vote Remain" hatten sich deshalb vor der Abstimmung knapp 300 britische Stars aus der Musik-, Film- und Kunstbranche für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen. Der Verband Britischer Orchester (ABO) verlangt nun von der britischen Regierung eine Garantie, dass sich Künstler und Orchestermusiker weiterhin frei in Europa bewegen können.

Plattenlabels erwarten Umsatzeinbussen

Betroffen von Brexit seien laut BPI auch die britischen Plattenlabels, die durch EU-Importzölle auf ihre Tonträger erhebliche Umsatzeinbußen zu erwarten hätten. Dadurch wiederum seien tausende Arbeitsplätze bedroht. Geoff Taylor, Geschäftsführer der BPI, kündigte nach dem Abstimmungsergebnis an, der Verband werde sich bei der britischen Regierung für einen freien Zugang zum EU-Markt einsetzen und daran arbeiten, dass die britischen Labels den neuen Gegebenheiten standhalten.

Wir sind sicher, dass britische Musik weiterhin in Europa beliebt und verbreitet sein wird.
Geoff Taylor, Geschäftsführer der British Phonographic Industry, nach dem Referendum

Das Ende Grossbritanniens?

Sir Peter Jonas, früherer Intendant der Bayerischen Staatsoper und gebürtiger Londoner, bezeichnet das Ergebnis des Referendums als Katastrophe. Seiner Meinung nach könnte Brexit auch das Ende Großbritanniens bedeuten, sagte er dem Bayerischen Rundfunk im radioWelt-Interview.

Das ist ein schlechter Tag für Europa, aber für die Briten ist es eine Katastrophe.
Sir Peter Jonas zum Brexit-Votum

Sir Peter Jonas | Bildquelle: picture-alliance/dpa Sir Peter Jonas befürchtet nach Brexit das Ende Großbritanniens | Bildquelle: picture-alliance/dpa Großbritannien sei jetzt "ein gespaltenes Land". Damit bezog sich Jonas auf das Wahlergebnis, wonach Schottland, Nordirland und London für einen Verbleib in der EU, Wales und das restliche England dagegen gestimmt hatten. "Das ist so, als ob eine bayrische, ziemlich rechte Partei sagt, wir wollen weg von Deutschland."

Auch auf Twitter äußerten sich zahlreiche europäische Künstler unter dem Hashtag #Brexit zum Votum Großbritanniens. Der Cellist Alban Gerhardt kommentierte die Entscheidung mit einem weinenden Emoticon und twitterte: "R.I.P. Great Britain". Der Pianist Igor Levit betonte in einem Tweet seine Verbundenheit zur EU: "Eine Union, die oft falsche Entscheidungen trifft. Eine Union, die nicht perfekt ist. Aber es ist meine Union und ich bin stolz darauf, ihr anzugehören."

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