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Interview mit dem Dirigenten Christian von Gehren "Carl Orffs Musik wird weltweit verstanden!"

Der Dirigent Christian von Gehren erhält den Carl-Orff-Preis 2016 - für seine Verdienste um das Schaffen des bayerischen Komponisten und sein Engagement für die Carl Orff Festspiele in Andechs. Im Interview berichtet er über wenig bekannte Facetten der Orff'schen Musik und über sein nächstes Projekt: die "Carmina Burana" in Shanghai.

Christian von Gehren | Bildquelle: Stefan A. Schuhbauer von Jena

Bildquelle: Stefan A. Schuhbauer von Jena

BR-KLASSIK: Christian von Gehren, wann hatten Sie den ersten Kontakt zur Musik von Carl Orff?

Christian von Gehren: Ich kannte, wie viele andere Kinder, die Orff'sche "Weihnachtsgeschichte" - obwohl die Musik dazu eigentlich gar nicht von Orff selbst stammt, sondern von Gunhild Keetman. Eine klassische Ausbildung an Orff-Instrumenten hatte ich nicht, sondern bei mir war es von Anfang an das Klavier. Trotzdem, der erste Kontakt in der Kindheit und dann später "Carmina Burana" ... Das war das einzige Werk von Orff, das ich dirigiert hatte, bevor ich dann bei den Carl Orff Festspielen tiefer einsteigen konnte.

Carl Orff als Liedkomponist

BR-KLASSIK: Der Preis wird während der "AmmerSeerenade" verliehen. Am Abend gibt es einen Liederabend, den Sie dann begleiten. Nun verbindet man Orff vorwiegend mit der "Carmina Burana" und vielleicht auch mit anderen Musiktheater-Werken, weniger mit dem Lied-Genre ...

Carl Orff | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Christian von Gehren: Da haben Sie völlig Recht, Orff ist überhaupt nicht als Liederkomponist bekannt. Dafür ist er durchaus mitverantwortlich, da er ja bei der Komposition der "Carmina Burana" gesagt hat: "Ihr könnt alles, was ich vorher komponiert habe, einstampfen. Hier, mit den 'Carmina Burana', beginnen meine gesammelten Werke." Und wenn man diese Lieder einordnen will, sind es sehr begabte Versuche eines ganz jungen Komponisten; es ist einfach der Versuch, sich in diesem Genre zu bewegen. Ich erlebe das als Dirigent und Pianist so, dass es für Orff eine Art Klang-Laboratorium gewesen sein muss, diese Lieder zu komponieren. Es ist kein Lied wie das andere. Man merkt, dass er verschiedene klangliche Wirkungen ausprobiert.

BR-KLASSIK: Der Abend, den Sie begleiten, trägt das Motto "Orff und seine Zeit". Es stehen auch Lieder von Armin Knab und Heinrich Kaminski auf dem Programm. Können Sie zu diesen Komponisten etwas sagen?

Christian von Gehren: Heinrich Kaminski war Lehrer von Carl Orff, hier in München. Er ist ein völlig zu Unrecht in Vergessenheit geratener Komponist, der wie viele andere seiner Generation durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten seinen Beruf nicht mehr so ausüben konnte. Armin Knab ist ein Komponist, der ursprünglich als Jurist gearbeitet hat und ab 1934 als Professor für Musiktheorie und Komposition tätig war. Das sind also zwei Komponisten aus dem direkten Umfeld von Carl Orff - wobei Kaminski ihn direkt beeinflusst hat. Knab fand zu einer ganz anderen Musiksprache, die aber auch seismographisch die Zeit widerspiegelt.

Der Carl-Orff-Preis

Der Preis wird von der Carl-Orff-Stiftung vergeben und ist mit 20.000 Euro dotiert. Er geht in unregelmäßigen Abständen an Personen oder Institutionen, die sich um das Werk von Carl Orff besonders verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern der vergangenen Jahre zählen der Komponist Heiner Goebbels und der Dirigent Peter Rundel.

BR-KLASSIK: In den letzten Jahren waren Sie intensiv mit den Carl Orff Festspielen in Andechs verbunden.  Die gingen ja im letzten Jahr zu Ende. Wie wird es in Andechs zukünftig weitergehen?

Christian von Gehren: Es wird wohl 2017 wieder Carl Orff Festspiele geben. Aber ich werde nicht mehr dabei sein.

"Carmina Burana" mit Royston Maldoom

BR-KLASSIK: Wird Carl Orff auch weiter in Ihrem künstlerischen Leben eine Rolle spielen?

Christian von Gehren: Absolut. Ich sehe den Preis, für den ich sehr dankbar bin und der für mich eine ganz große Ehre darstellt, auch als Verpflichtung an, mich weiter mit dem Werk von Carl Orff zu beschäftigen. Das wird bereits wieder im Oktober der Fall sein: Ich werde in Shanghai die "Carmina Burana" dirigieren.

BR-KLASSIK: Mit einem dort ansässigen Orchester?

Christian von Gehren: Ja und zwar in einer sehr interessanten Produktion. Der englische Choreograph Royston Maldoom, den man in Deutschland größtenteils über den Film "Rhythm Is It" mit den Berliner Philharmonikern kennt, macht dort eine Choreographie im Rahmen dieser Community-Dance-Projekte, wo Jugendliche dazu gebracht werden, zu tanzen. Dafür eignet sich natürlich ein Werk wie die "Carmina Burana" wie kaum ein anderes. Es ist für mich außerordentlich spannend, mit Carl Orff in den asiatischen Kulturkreis zu kommen, denn seine Musik wird wie kaum eine andere weltweit verstanden. Nicht zuletzt, weil das rhythmische Element eine so große Rolle spielt, wird dieses Projekt mit der Choreographie von Royston Maldoom sicherlich sehr spannend.

Die Konzerte der "AmmerSeerenade"

Dienstag, 30. August
Der große Carl Orff Tag

Teil 1
Herrsching am Ammersee - 15.00 Uhr, Kurparkschlösschen
Lesungskonzert – Lesung aus "Saturn auf der Sonne" von Luise Rinser

Teil 2
Utting am Ammersee - 18.00 Uhr, Braunviehstall Achselschwang
Kompositionen von Lehrmeistern und Schülern

Teil 3
Dießen am Ammersee - 20.00 Uhr, Konzertsaal Augustinum
Orff und seine Zeit
Lieder von Orff, Knab, Kaminski und Richard Strauss

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