BR-KLASSIK

Inhalt

Christoph Adt im Gespräch "Ein Anziehungspunkt für Nürnberg"

Ende Juni wurde Christoph Adt zum neuen Präsidenten der Nürnberger Musikhochschule gewählt. Welche Pläne er für Hochschule hat, wie er die Situation der Lehrbeauftragten sieht, und welche Erfahrungen ihn aus seiner Zeit als Chefdirigent in Bad Reichenhall geprägt haben: Das verrät Christoph Adt im Interview mit BR-KLASSIK.

Christoph Adt | Bildquelle: Christine Schneider

Bildquelle: Christine Schneider

BR-KLASSIK: Christoph Adt, Sie sind vom Vizepräsidenten der Musikhochschule München zum Präsidenten der Nürnberger Musikhochschule gewählt worden, und zwar einstimmig. Hat Sie diese Wahl in der Form beflügelt?

Christoph Adt: Ich sehe das schon ein bisschen als Rückenwind, wenn es so eindeutig ist und eine neue Institution einen wirklich haben will.

BR-KLASSIK: Haben sie Ideen und Pläne, wie Sie der Hochschule Nürnberg eine spezielle Note verleihen? Vielleicht, indem Sie bestimmte Studiengänge einführen, oder generell ein Profil herausarbeiten, das Ihnen entspricht?

Christoph Adt: Die Rahmendaten in Nürnberg sind relativ klar. Es ist die jüngste staatliche Musikhochschule in Deutschland, und sie ist relativ klein, mit etwas über 400 Studierenden. Es ist nicht geplant, sie zu vergrößern, es wäre auch kein Geld dafür da. Es ist auch nicht geplant, die grundsätzliche Richtung zu ändern. Es wird künstlerisch und künstlerisch-pädagogisch unterrichtet. Es gibt zum Beispiel keine Schulmusik und keine Kirchenmusik - hier sind allerdings auch keine Änderungen geplant. Aber es gibt tatsächlich Lücken. Der historischen und systematischen Musikwissenschaft wird etwa viel zu wenig Platz eingeräumt, es gibt dafür auch noch keine Professur. Da muss unbedingt etwas geschehen.

Erfahrungen in Bad Reichenhall

Christoph Adt | Bildquelle: Christoph Adt Christoph Adt, neuer Präsident der Nürnberger Musikhochschule, war bis 2015 Künstlerischer Leiter der Bad Reichenhaller Philharmonie | Bildquelle: Christoph Adt BR-KLASSIK: Bis vor zwei Jahren waren sie auch Chefdirigent in Bad Reichenhall, dann haben Sie den Posten aufgegeben - unter anderem, weil Sie ihre programmatischen Ideen nicht entsprechend durchsetzen konnten. Zum einen wollten Sie mehr zeitgenössische Musik aufführen, zum anderen, das Publikum mit Singen mit Tanzen einbinden.

Christoph Adt: Da sind sie aber gut informiert. Das stimmt tatsächlich. De facto musste ich aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Manche Dinge waren aber auch einfach nicht möglich. Vielleicht habe ich auch Fehler in der Kommunikation gemacht. Ich habe das mit der zeitgenössischen Musik am Anfang ziemlich offensiv vertreten und das als eine große Bereicherung gesehen. Irgendwann wurde es zu sehr hochgekocht, und der Tenor im Publikum war: 'Wir gehen doch nicht am Freitagabend ins Konzert und hören uns dann etwas an, was schwierig ist. Unser Leben ist schwierig genug.' Es war die zeitgenössische Musik einfach falsch konnotiert.

Wir wollen über unsere normale Klientel hinaus bekannt werden.
Christoph Adt

BR-KLASSIK: Können Sie aus der Erfahrung, die sie dort gemacht haben - etwa was das Einbinden des Publikums betrifft - auch etwas schöpfen, das für Sie als Hochschulpräsident von Wichtigkeit wäre? Ich denke da jetzt an das Dasein von Künstler und Dienstleister.

Christoph Adt: Ja. Sie wissen vielleicht, dass die Musikhochschule in Nürnberg ein neu renoviertes altes Gebäude bekommt, das aber nicht ganz im Zentrum der Stadt, sondern ein bisschen abseitig liegt. Das wollen wir so beleben, dass es ein Anziehungspunkt für Nürnberg wird. Die Chance der letzten fünf, sechs Jahre, als renoviert wurde, war allerdings, dass die Musikhochschule in ganz zentralen Sälen mitten in der Stadt präsent war. Das hat sie auch erkennbar gemacht für eine Bevölkerungsschicht, die sich nicht a priori für klassische Musik interessiert. Mir ist es ein ganz besonders wichtiges Anliegen, dass wir beispielsweise mit unserer Jazz-Abteilung, der Abteilung Alte Musik und vielleicht auch mit der pädagogischen Ausrichtung mitten in der Stadt bleiben. Da geht es natürlich sofort um Geld. Denn wir haben ja jetzt unser Gebäude wieder und müssen eigentlich nichts mieten. Ich will aber etwas Zusätzliches mieten, aber auch das "neue" Gebäude gut beleben. Es gibt also eine Möglichkeit, neu zu konzipieren. Ich würde mir wünschen, dass wir in einer Weise bekannt werden, die eben nicht nur unsere normale Klientel bedient.

Situation der Lehrbeauftragten

BR-KLASSIK: Musikhochschulen stehen ja auch immer wieder in der Kritik, dass Sie Musiker als Lehrbeauftragte einstellen, die gesetzlich überhaupt nicht abgesichert sind, wo auch nicht an die Rente gedacht wird. Ist das in Nürnberg für Sie ein Thema?

Christoph Adt: In der Tat. Ein Lehrauftrag ist zunächst nicht als Arbeitsstelle gedacht, sondern als Ergänzung. Dass daraus de facto Arbeitsverhältnisse wurden, ist verständlich, weil einfach der Beruf des Musikers so speziell ist, dass man nicht einfach irgendetwas anders im Hauptberuf noch mitmachen kann. Der richtige Weg ist meines Erachtens zum einen den Prozentsatz des Unterrichts durch Lehrbeauftragte innerhalb des Gesamtdeputats einer Hochschule so anzupassen, das es ein vernünftiges Verhältnis gibt. Und zweitens immer wieder bei der Politik vor der Tür zu stehen und zu sagen: Wir brauchen höhere Honorare.

Die Fragen stellte Sylvia Schreiber für BR-KLASSIK.

Sendung: 
"Leporello" am 02. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player