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David Bowies "Lazarus" in Nürnberg Botschaften aus der Zwischenwelt

Er war wahrscheinlich die schillerndste Figur der Popmusik. Sogar seinen eigenen Tod hat David Bowie noch inszeniert. Drei Tage bevor er an Krebs starb, veröffentlichte er das Video zum Song "Lazarus" aus seinem letzten Album "Blackstar": Auf einem Totenbett liegend, abgemagert, das Gesicht bandagiert, mit Knöpfen anstelle der Augen singt er "I'm in Heaven". "Lazarus" ist auch der Titelsong eines Musicals, das Bowie wenige Wochen zuvor in New York herausgebracht hatte. Ab 2. Februar ist dieses Stück in einer Neuinszenierung am Staatstheater Nürnberg zu sehen.

Sascha Tuxhorn (Newton) | Bildquelle: Konrad Fersterer

Bildquelle: Konrad Fersterer

Schauspieler Sascha Tuxhorn hat sich viele Bowie-Videos angesehen in den letzten Monaten – darunter auch den "Lazarus"-Song. "Das hat mich erschreckt", bemerkt Tuxhorn. "Ich fand das wahnsinnig schön, aber auch brutal, wenn man diesen sehr krank aussehenden Mann sieht, der sich aber mit einer solch unglaublichen Energie bewegt."

Es ist ein Stück über einen Sterbenden, der nicht sterben kann.
Hauptdarsteller Sascha Tuxhorn über 'Lazarus'

Tuxhorn spielt die Hauptrolle im Nürnberger "Lazarus" – und betont, das Stück sei nicht mit Musicals wie "Hair" vergleichbar: "Es ist nicht 'Let the sunshine In'. Es ist eigentlich das Gegenteil. Es ist ein Stück über einen Sterbenden, der nicht sterben kann."

Letzter Wunsch erfüllt

David Bowie ahnte wohl, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, als er die Diagnose Leberkrebs bekam. Einen Lebenstraum wollte er sich aber noch erfüllen: einmal ein Musical zu schreiben. Dafür tat er sich mit Enda Walsh zusammen, einem irischen Dramatiker mit einem Faible für interessante, auch krude Figuren und einer eigenwilligen, kräftigen Sprache. Allerdings muss man, so die Nürnberger Schauspiel-Dramaturgin Katharina Gerschler, ehrlicherweise sagen: "Bei diesem Musical den Geschichtssträngen zu folgen, das ist nicht so ganz leicht."

Merkwürdige Zwischenwelt

Anna Klimovitskaya (Maemi), Yascha Finn Nolting (Ben), Nicolas Frederick Djuren (Valentine) | Bildquelle: Konrad Fersterer Anna Klimovitskaya (Maemi), Yascha Finn Nolting (Ben), Nicolas Frederick Djuren (Valentine) | Bildquelle: Konrad Fersterer Die Handlung knüpft an den alten Bowie-Film "Der Mann, der vom Himmel fiel" an. Zentrale Figur ist Newton, ein Außenirdischer, der auf der Erde gefangen ist und sich nach Erlösung aus diesem Dasein sehnt. Wie ein Sterbender wird er gequält von Erinnerungen an eine alte Liebe, von Fantasiegestalten, auf die er seine Schuldgefühle und seine Hoffnungen projiziert. Eine komplexe Geschichte – weswegen der "Lazarus" für Regisseur Tilo Nest auch viel mehr ist als eine bloße Nummern-Revue, ein "Best of Bowie": "Das ist eine merkwürdige Zwischenwelt, in der sich Newton befindet, in die wir eintauchen, und deswegen habe ich zusammen mit Stefan Heyne mir auch so eine Art Warteraum ausgedacht, in dem diese ganzen Zustände, diese ganzen Begegnungen mit diesen Fantasiefiguren stattfinden."

Dreckig und spacig statt glattgebügelt

Mit auf der Bühne bewegt sich auch die achtköpfige Band aus Gitarren und Keyboards, Bläsern und Schlagzeug. Die Arrangements musste die Nürnberger eins zu eins von der New Yorker Uraufführung übernehmen. Zwar seien diese Arrangements an manchen Stellen etwas "glattgebügelt", finden die musikalischen Leiter Vera Mohrs und Kostia Rapoport, sie hätten aber darauf geachtet, den Sound wieder "ein bisschen rougher, dreckiger und spaciger" hinzubekommen.

Künstlerisches Vermächtnis

Die Songs sind integraler Bestandteil der Handlung. Aber sie funktionieren auch, wenn man den Plot zu wirr findet. Denn mit Hits wie "Heroes" oder "Changes" ist "Lazarus" am Ende auch David Bowies künstlerisches Vermächtnis. Und das ist mehr als ein "Best of". "Bowie befand sich ja wahrscheinlich in diesem Zwischenraum, dass er wusste: Ich lebe eigentlich nicht mehr wirklich, aber ich bin auch noch nicht tot", vermutet Vera Mohrs. "Aber wenn ich tot bin, dann werde ich immer auch noch irgendwie weiterleben, denn ich mache ja dieses Musical…"

Mehr zur Inszenierung

"Lazarus"
Ein Musical von David Bowie und Enda Walsh

Staatstheater Nürnberg
Premiere: 2. Februar 2019, 19:30 Uhr

Regie: Tilo Nest
Musikalische Leitung: Vera Mohrs, Kostia Rapoport

Weitere Informationen zu Terminen, Vorverkauf und Besetzung finden Sie auf der Homepage des Theaters.

Sendung: "Allegro" am 31. Januar 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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