Die Diskussion um die Krenek-Oper "Jonny spielt auf" am Münchner Gärtnerplatz geht weiter. In der Inszenierung sahen viele eine "Reproduktion der rassistischen Kulturpraxis Blackfacing". Nun nimmt die Ernst-Krenek-Stiftung Stellung.
Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2022
Stinkbomben störten die Münchner Erstaufführung der Oper "Jonny spielt auf" im Jahr 1928. In den Folgejahren brandmarkten die Nationalsozialisten das Werk als "entartete Kunst". Komponist Ernst Krenek, der seine Stücke nicht mehr aufführen durfte, musste ins Exil gehen. Auf diese historischen Hintergründe weist die Ernst-Krenek-Institut-Privatstiftung nun in einem Presseschreiben hin. Sie begrüßt, dass das Münchner Gärtnerplatztheater die Krenek-Oper "Jonny spielt auf" wieder auf den Spielplan gesetzt hat, denn die Stiftung fördere das Andenken an Ernst Krenek die Verbreitung seiner Werke.
Bei der Opernpremiere am 11. März 2022 wurde die Hauptfigur Jonny auf der Bühne angemalt und auch wieder abgeschminkt. Denn auch bei der Erstaufführung 1928 wurde tatsächlich "Blackfacing" am Gärtnerplatztheater betrieben, und der Regisseur Peter Lund wollte in der aktuellen Inszenierung die Perversion dieses Akts darstellen. Die Stiftung bewertet es positiv, "dass Regie und Dramaturgie ... auf die politische Situation 1928 Bezug nehmen".
Ist es okay, "Blackfacing" als künstlerische Form anzuwenden? BR-KLASSIK-Autoren Peter Jungblut und Gino Thanner diskutieren diese Thematik. Lesen Sie hier den Kommentar.
Für das Blackfacing auf der Bühne geriet das Gärtnerplatztheater nach der Premiere in die Kritik. In einem Offenen Brief vom 18. März forderten 540 Kunstschaffende das Gärtnerplatztheater auf, die Inszenierung abzusetzen, da sie eine "Reproduktion der rassistischen Kulturpraxis Blackfacing" zeige. Münchner*innen wurden aufgerufen, den Vorstellungen dieser Produktion fern zu bleiben.
Die Stiftung sei "bestürzt" über diesen Offenen Brief und den Boykottaufruf. Sie bittet darum, "in der Auseinandersetzung mit Werken und Inszenierungen auf Boykottaufrufe und Forderungen nach Aufführungsverboten zu verzichten" – auch im Hinblick auf die Umstände 1928 und den Folgejahren.
Sendung: "Allegro" am 29. April 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Sonntag, 01.Mai, 20:45 Uhr
Euphrosine
die neue kulturkammer
Irre ich, oder gelten in gewissen Kunst-Kreisen folgende Maxime:
A) Reagiere nicht auf Inhalte und Argumente, sondern klopfe Texte, Bilder etc. lediglich auf das Vorkommen bestimmter Reize ab
B) Kümmere dich nicht um Sachverhalte und Reflexion, sondern kreiere Aufreger
C) Kunst selbst ist langweilig, nur Rezeption macht Sensation
D) Was nicht moralisch sauber ist, gehört ausgemerzt
E) Was aktuell moralisch sauber ist, bestimmen besagte gewisse Kreise, welche es schließlich besser wissen.
(Man vergleiche hierzu gerne die Ausführungen von G.Thanner)
Samstag, 30.April, 21:58 Uhr
Mayer-Haas Harald
Gärtnerplatztheater
Habe Jonny spielt auf gesehen, dadurch dass alle Figuren skurril überzeichnet sind, habe ich das Black Facing als sehr stimmig gefunden, Mich wundert, dass sich niemand darüber aufregt,dass der Agent extrem adipös auftritt ,und als den Hut absetzt ,eine Kippa mit Davidstern trägt. Aber in der Kunst ist vieles erlaubt, und sie sollte diese Freiheit unbedingt nutzen.