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Noten auf Papier oder iPad? Mit einer App das Musizieren revolutionieren

Das Musizieren revolutionieren, das möchte der Henle Verlag mit einer neuen App. Profi- wie Laienmusiker können sich damit Urtext-Noten auf ihr iPad laden. Das Goldmund Quartett aus München hat es einem Praxistest unterzogen.

Klassik Underground mit dem Goldmund Quartett | Bildquelle: BR

Bildquelle: BR

Das Goldmund Quartett testet

Urtext über die Henle Library-App

Vier Menschen, die sich über ein iPad beugen, das ist kein ungewöhnliches Bild, jedoch nicht alltäglich. Jedenfalls nicht in diesem Kontext: Vier Musiker haben jeweils ihr Streichinstrument in der Hand, gucken auf ein Display, allerdings nicht auf Urlaubsfotos oder Youtube-Videos, sondern auf Noten. Das Goldmund Quartett aus München testet nämlich eine Noten-App, die der Henle-Verlag gerade an den Start gebracht hat. Der Cellist Raphael Paratore fährt mit dem rechten Zeigefinger über den Bildschirm:

Also ich versuch‘ jetzt gerade Striche einzutragen. Und das Coole bei der App ist, dass man hier schon vorgefertigt die Aufstrichzeichen drin hat.
(Raphael Paratore)

Diese App kann viel mehr als jede Noten-App zuvor. Hier nur mal als kleine Auswahl: Sie hat ein integriertes Metronom, zu jedem Werk gibt es musikgeschichtliche Hintergrundinformationen, man kann in die Noten reinzoomen und das Layout nach seinen Vorlieben anpassen, vorgeschlagene Fingersätze, auch die großer Musiker, lassen sich mit wenigen Klicks anzeigen oder ändern und das lästige Blättern, das fällt auch weg. Man wischt einfach oder tippt oder benutzt zum Blättern ein Pedal, das per Bluetooth mit der App verbunden wird.

Der Riesenvorteil ist, dass man nicht so viel rumschleppen muss. Wenn wir länger unterwegs sind, ist die Hälfte vom Koffer voll.

Die Henle Library macht vieles einfacher. Allerdings ist das Angebot an Noten bislang recht überschaubar. Für Streichquartette beispielsweise stehen nur Werke von Haydn und Beethoven zur Verfügung - und da auch längst nicht alle. Spätestens 2018 soll in der App alles verfügbar sein, was Henle auch in Papierform anbietet. Die Musiker vom Goldmund Quartett stört die schmale Auswahl erst mal nicht. Auch auf der Facebook-Seite und auf dem Blog von Henle gibt es von allen Seiten nur Lob. Zahlreiche Musiker haben anscheinend lange auf eine solche App gewartet:

Das ist wirklich revolutionär. Die klassische Musik ist ja immer etwas hinterher, was Technik betrifft. Dass es jetzt endlich mal eine App gibt, mit der man sich Urtext-Ausgaben downloaden kann, darauf hat jeder gewartet.

Dennoch werden die vier Streicher vom Goldmund Quartett - Florian Schötz, Pinchas Adt, Christoph Vandory und Raphael Paratore - ein bisschen nostalgisch. Das liebgewonnene Partiturenregal zu Hause, die Noten, mit denen gearbeitet wurde und die überall dabei waren, das würden sie wohl vermissen. Ob dann in der Praxis das Fußpedal immer funktioniert und richtig blättert, muss sich ebenfalls erweisen.

Unterm Strich wird sich so eine Urtext-App sehr wahrscheinlich durchsetzen. Am Test-Tag, an dem beim Goldmund Quartett zum ersten Mal anstelle von Papiernoten iPads mit der Henle Library-App auf den Notenständern standen, funktionierte jedenfalls alles problemlos.

Diese App ist gratis herunterzuladen. Die jeweiligen Noten kosten etwas, doch das erste Stück gibt es als Geschenk, um die App auszuprobieren.

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