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Kritik – Juan Diego Flórez bei den Salzburger Festspielen 2020 Wenn Beethoven auf Peru trifft

Juan Diego Flórez, der peruanische Tenor mit den dunklen Locken und der hellen Stimme, gehört zu den großen Sängern unserer Zeit. Am Mittwochabend trat er bei den Salzburger Festspielen in der Reihe "Canto lirico" auf. Und überzeugte auf ganzer Linie.

Juan Diego Flórez bei den Salzburger Festspielen 2020 | Bildquelle: Salzburger Festspiele/Marco Borrelli

Bildquelle: Salzburger Festspiele/Marco Borrelli

Die Kritik zum Anhören

Man muss bei der Zugabe anfangen. Dann kann man verstehen, warum es Standing Ovations und tosenden Applaus für Juan Diego Flórez gab, warum unter den Zuhörerinnen und Zuhörern die Worte "Sternstunde der Festspiele" umgingen. Zur Zugabe kommt Juan Diego Flórez mit Gitarre auf die Bühne, er setzt sich auf einen Hocker, stimmt das Instrument – es dauert ein wenig, "Sie ist neu" – und dann singt er. "El día que me quieras", ein Tango, dann "Cielito Lindo", er lässt das Publikum mitsingen, "Ay ay ay ay". Ein geborener Entertainer.

Mit Juan Diego Flórez durchs 19. Jahrhundert

Wer so unterhalten kann, braucht nicht viel: Kein Orchester, nur Flórez und der Pianist Vincenzo Scalera bestreiten diesen Lieder- und Arienabend. Los geht es mit Liedern von Beethoven – und von dort mit Strauss, Bellini, Verdi, Lalo, Massenet und Puccini einmal durchs ganze 19. Jahrhundert.

Juan Diego Flórez und Vincenzo Scalera bei den Salzburger Festspielen 2020 | Bildquelle: Salzburger Festspiele/Marco Borrelli Juan Diego Flórez und Vincenzo Scalera im Großen Festspielhaus in Salzburg | Bildquelle: Salzburger Festspiele/Marco Borrelli Die Dramaturgie des Abends ist geschickt gebaut: Von verhaltenen Liedern geht es mehr und mehr zur Oper bis zum berühmten "Che gelida manina" aus "La Bohème" als starkem Schlusspunkt. Zwischendurch übernimmt Pianist Vincenzo Scalera mit Liedern ohne Worte von Mendelssohn, Bellini, Verdi. Und der "Thaïs"-Meditation von Massenet, die mit ihrem Klassik-Hit-Status ein bisschen herausfällt. Scalera spielt das alles aber gut, er kühlt die Stimmung nach hitzigen Arien angenehm ab und lässt Flórez einen Moment seine Stimme entspannen. Überhaupt trägt der Pianist zum Erfolg des Abends entscheidend bei, er begleitet nicht nur, er interpretiert jedes Stück, jede Strophe am Klavier.  

Flórez singt vielseitig und warm

Aber natürlich steht Flórez im Mittelpunkt. Er kann all die verschiedenen Stile singen, er ist vielseitig, kann melancholisch säuseln und kurz danach wieder stürmisch losbrausen. Immer ist da aber eine große Wärme und Weichheit, die Flórez in der Stimme hat. Davon profitieren gerade die Lieder von Richard Strauss, die sonst auch schon einmal schroff wirken können. In den deutschen Liedern gerät Flórez die Aussprache manchmal einen Hauch undeutlich, die romanischen Sprachen liegen ihm hörbar näher. Aber: Das trübt den fantastischen Eindruck des Abends überhaupt nicht. Denn anrührend singt Flórez immer, egal ob Klassik oder Volkslied.

Nach eineinhalb Stunden Programm, als fünfte Zugabe, holt er dann noch "Nessun dorma" heraus. Und als Flórez "Vincerò!" schmettert, da möchte man wirklich von einer Sternstunde sprechen.

Sendung: "Allegro" am 27. August 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Freitag, 28.August, 22:03 Uhr

Morgenstern Jörg

Tenor Juan Diego Florez

Ich hatte die Gelegenheit Florez zweimal in der Alten Oper in Frankfurt live zu hören. Seit mehr als
vierzig Jahren bin ich Musikbegeisterter und muss zugeben etwas Vergleichbares noch nicht gehört zu haben.
Der Wohlklang seiner Stimme, seine Leichtigkeit in der Höhe ist weltweit einzigartig, seine Musikalität, seine Bühnenpräsenz und als Sympathieträger ist er weltweit als Tenore Legiero unerreicht.

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