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Kinder am Instrument Nicht zu viel Ehrgeiz, liebe Eltern!

Jedem Kind ein Instrument, so der oft gehörte Slogan. Dass Musik für die kindliche Entwicklung wichtig ist, ist wissenschaftlich belegt. Aber müssen die Kleinen deshalb jeden Ton perfekt spielen? Wenn ehrgeizige Eltern zu viel Druck machen.

Ein Mädchen spielt Klavier | Bildquelle: picture alliance/Bildagentur-online/Blend Images/Inti St Clair

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Kammermusikprobe für den Wettbewerb "Jugend musiziert", zuhause bei der 10-jährigen Geigerin. Schubert-Trio. Der Vater leitet die Probe in Hausschlappen. "Wieder ein Fis. Du musst ein F spielen!" Dem Vater platzt der Kragen. Wie kann man so blöd sein, fragt er. Die Tränen kullern bei der Zehnjährigen. Aber es geht schließlich um die Kunst!

Musikliebende Eltern: Voller Einsatz für die Kunst!

Wie einfach machen es sich da die Tenniseltern. Sie kümmern sich nur ums Rumkutschieren des Nachwuchses und überlassen die eigentliche Arbeit den Trainerinnen und Trainern. Musikliebende Mütter und Väter überwachen hingegen das tägliche Training selbst. Dafür wirbeln sie herum, diese Tremolo-Eltern! Mit der Stechuhr wird geübt. Nur die besten Pädagoginnen und Pädagogen werden verpflichtet, der Hund wandert ins Tierheim, damit Platz für den Flügel ist. Alles für die Kunst!

Mama mutiert zur PR-Managerin

Die "Jugend musiziert"-Urkunden dokumentieren die künstlerischen Mühen. Mama mutiert zur PR-Managerin und postet den Werdegang auf Facebook. Sohn mit Geige. Sauberes Hemd, schnieker Scheitel. Soll ruhig alle Welt sehen, wie sich das Kind modellieren lässt. Was für tolle Eltern das sind, die aus ihrem Kind mit Kunst etwas Besseres, etwas Besonderes machen. F statt Fis. Dazu braucht es Disziplin und Strenge. Dann bringt man es zu etwas. Also: Lieber so wie bei Papa-Paganini und nicht wie beim albernen Papageno. Die Konkurrenz schläft schließlich nicht.

F statt Fis. Na und? Lohnt es sich wegen eines Halbtons das Zuhause zum Musik-Boot-Camp zu machen, sieben Tage die Woche, das ganze Jahr über? Wäre es nicht netter, sich abends zurückzulehnen, ein Bierchen aufzumachen und den Kindern beim Üben zuzusehen? In ihr Gesicht zu schauen, wenn sie am Klavier sitzen?

Zum Musizieren braucht es keine Perfektion

Der Blick, der eine Konzentration auf das Kommende zeigt, bevor die erste Note erklingt, das ist es, was mich wirklich berührt. Irgendetwas Besonderes passiert da mit dem Kind in der Erwartung des Klangs. Etwas, das außerhalb meines Kontrollradius' liegt, etwas, was bei diesem ernsthaften Gesichtsausdruck so falsch nicht sein kann. Selbst wenn dann schon wieder an derselben Stelle ein Fis statt ein F gespielt wird. Es ist doch nur ein Halbton. Halb so schlimm.

Sendung: "Allegro" am 14. Januar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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