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Kritik - "Der ferne Klang" von Franz Schreker in Frankfurt Traumwelten im Seniorenstift

1912 wurde in Frankfurt Franz Schrekers Oper "Der ferne Klang" uraufgeführt. Nun hat Regisseur Damiano Michieletto die Geschichte um den Komponisten Fritz und seine Geliebte Grete neu inszeniert. Bei seinem Debüt an der Oper Frankfurt versetzt er die Handlung in ein Seniorenwohnheim und lässt dort die verborgenen Träume und Wünsche der Protagonisten aufleben.

Franz Schrekers Stück an der Staatsoper Frankfurt | Bildquelle: © Barbara Aumüller

Bildquelle: © Barbara Aumüller

"Der ferne Klang" von Franz Schreker ist ein vielschichtiges, herausforderndes Stück. Die Musik ist atmosphärisch schillernd, oft glutheiß aufrauschend und fügt sich in kein Schema. Am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters klingt das eigenständig, sehr sinnlich, kurz auch mal widerborstig. Generalmusikdirektor Sebastian Weigle präsentiert eine adäquate Lesart, wobei im ersten Aufzug manches nicht ganz koordiniert wirkt und Weigle auch zu sehr auf den klanglichen Überwältigungseffekt setzt. Doch mehr und mehr gewinnt der Abend musikalisch an Kontur und Format.

Selbst verfasstes Künstlerporträt

Franz Schrekers Oper in Frankfurt 2019 | Bildquelle: © Barbara Aumüller Grete unter Wahnvorstellungen an der Oper Frankfurt. | Bildquelle: © Barbara Aumüller Franz Schreker schrieb sich sein eigenes Libretto und verhandelt ein veritables Künstlerdrama: Fritz liebt Grete, aber mehr noch seine geplante große Oper. Er sucht und sehnt sich nach Liebe, aber mindestens genauso nach dem nie gehörten, fernen Klang. Grete gerät unterdessen in sinistere Gesellschaft, zwischen Banal-Adel und Bordsteinschwalbe spielt sich ihr Leben ab. Fritz scheitert mit seiner zuletzt doch noch fertig gewordenen Oper und hört – erschöpft und dem Tode nah – endlich die ersehnte Musik. Dabei gibt es kurzes Wiedersehen mit Grete, doch es ist zu spät für irdisches Glück.



Ganz wunderbar singen in Frankfurt Jennifer Holloway und Ian Koziara die Hauptpartien, auch die kleineren Rollen sind exzellent besetzt. Tilman Michael sorgt für gut einstudierte Chöre.

Realität und Wahnvorstellung

Franz Schrekers Oper 2019 in Frankfurt | Bildquelle: © Barbara Aumüller Steffie Sehling und Martin Georgi doublen als gealtertes Paar die jungen Fritz und Grete. | Bildquelle: © Barbara Aumüller Damiano Michieletto inszeniert die Geschichte als traumschöne Szenenfolge in einem Seniorenstift. Hier mischen sich Realität und Wahnvorstellungen auf virtuose Weise. Ein altes Paar, Steffie Sehling und Martin Georgi, doubeln die echten Fritz und Grete. Sanft bewegte Gazevorhänge trennen Szenerien und Handlungsteile auf ungemein ästhetische Weise. Zum Finale schweben unzählige Instrumente vom Bühnenhimmel herab. Damiano Michieletto merkt man die Liebe zu seinen Figuren an. Besonders erfreulich ist, dass er die Grenze zum Kitsch nie überschreitet, was bei "Der ferne Klang" leicht passieren kann. Ein intensiver, stark bejubelter Abend!

Mehr zum Stück

Franz Schreker:
"Der ferne Klang"
Oper in drei Akten

Oper Frankfurt
Premiere: 31. März 2019

Regie: Damiano Michieletto
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Leitung: Sebastian Weigle

Mehr zu Terminen und Besetzung erfahren Sie auf der Homepage des Theaters.

Sendung: "Leporello" am 01. April 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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