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Kritik - "Das Lächeln einer Sommernacht" in München Sehr berührend, sehr menschlich, sehr ehrlich

Eine Satire um Liebesglück und Liebesleid einer Ehe, die schon Ingmar Bergman verfilmte. Josef Köpplinger hat die Musicalbearbeitung des Stoffes jetzt fürs Gärtnerplatztheater inszeniert, Gesang und Wort sind perfekt ausbalanciert.

Szenenbild aus dem Gärtnerplatztheater nach einem Film von Ingmar Bergman | Bildquelle: Thomas Dashuber

Bildquelle: Thomas Dashuber

Kritik - "Das Lächeln einer Sommernacht" in München

Sehr berührend, sehr menschlich, sehr ehrlich

Wenn Männer erst mal mit dem Mittagsschlaf anfangen, ist rein sexuell gesehen das Aufregendste überstanden. Verführt werden sie dann höchstens noch zum Rasen mähen. Die einen finden sich damit ab, die anderen finden sich damit interessant. Frauen finden meist beides lächerlich und werden damit gelegentlich reich, dann nämlich, wenn sie einen Mann finden, der seinen Mittagsschlaf längst wichtiger findet als sein Bankkonto. Im Alter wird die Liebe beschwerlich, aber wer wollte darauf verzichten.

Darum geht’s in Stephen Sondheims so komischen wie romantischem Musical "A Little Night Music" nach einer Filmkomödie des legendären schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman aus den 50ern. Der deutsche Titel "Das Lächeln einer Sommernacht“ klingt etwas arg lieblich, denn es ist eine ziemlich rasante und treffsichere Satire auf Liebesleid und Liebeslust. Die Ehe ist eben doch das Schwierigste aller Verwandtschaftsverhältnisse.

Ein roter Vorhang genügt

Szenenbild aus dem Gärtnerplatztheater nach einem Film von Ingmar Bergman | Bildquelle: Thomas Dashuber Bildquelle: Thomas Dashuber Ein Musical ist das Ganze eigentlich nicht, sondern eher ein Schauspiel mit Musik, deshalb fehlt zum Beispiel das Ballett, fehlt überhaupt die ganz große Ausstattung. Im Münchner Cuvilliestheater reichte Regisseur Josef Köpplinger und seinem Ausstatter Rainer Sinell gestern Abend ein roter Vorhang, der diagonal über der Drehbühne hing. Ein Sinnbild, das leicht zu entschlüsseln ist. Das ganze Leben ist Theater und jeder spielt, so gut  er eben kann. Viel mehr Requisiten werden nicht gebraucht, ein paar Stühle, ein Tisch, ein Bett. Die weitgehend leere Bühne dreht sich so unablässig, dass sich die Mitwirkenden in Vorab-Interviews schon beklagten, sie seien nach den Proben schwindelig.

Komponist Sondheim hatte sich nichts weniger vorgenommen, als ein ganzes Stück, eben die Litte Night Music, im Dreivierteltakt zu schreiben, also im Walzerrhythmus. Das hat er zwar nicht ganz konsequent umgesetzt, aber die endlose Drehung, die hat hier schon ihre Berechtigung, gemeint ist natürlich der tagtägliche Leerlauf des Lebens. Und weil das Ganze in Schweden spielt, stehen nach der Pause drei Birken auf der Bühne, Symbol des heiteren schwedischen Landlebens. Die Paare irren durch die Natur wie in Shakespeares "Sommernachtstraum". Und weil es eine Komödie ist, finden sich am Ende alle, die Jungen und die Alten.

Grossartige Schauspieler

Gärtnerplatztheater-Intendant Josef Köpplinger ist da eine wunderbare, umjubelte Inszenierung gelungen, sehr berührend, sehr menschlich, sehr ehrlich. Selten gelingt die Balance zwischen Sprechen und Singen so perfekt wie in diesem Fall, was natürlich an den großartigen Mitwirkenden liegt, allen voran Sigrid Hauser als alternde Provinzschauspielerin Desirée und Erwin Windegger als ihr Liebhaber von gestern, eben der Mann mit dem Mittagsschlaf, der nach einer anstrengenden und obendrein platonischen Ehe mit einer 18-Jährigen reumütig zu seiner Ex-Geliebten zurückkehrt.

Die absolut souveräne Gisela Ehrensperger gibt im Rollstuhl sitzend die Patriarchin, die alles schon selbst erlebt hat und den besten Champagner eigentlich für ihre Beerdigung aufheben will, aber zur Feier des Tages dann doch mal dran nippt. Die herrlich spielfreudige Julia Klotz betrinkt sich als eifersüchtige Gräfin Malcolm so leidenschaftlich, dass sie nicht nur der Wahrheit eine Gasse bahnt, sondern auch die Lacher auf ihrer Seite hat. Es stimmt, die Musik der Little Night music ist zweitrangig, abgesehen vom ganz großen Hit "Send in the clowns", der am Ende das Publikum zuverlässig zu Tränen rührt. Eine Hymne auf die Liebe, die eben selten so aufwühlend bleibt, wie sie anfangs ist.

Zurückhaltendes Orchester

Dirigent Andreas Kowalewitz nahm das Orchester wie von Sondheim beabsichtigt sehr zurück, hier dient die Musik der Untermalung der gezeigten Gefühle, der Betonung und Hervorhebung, und soll nicht überwältigend dominieren oder gar zum Mitwippen anregen wie im Mainstream-Musical üblich. Ein grandioser Abend für alle, die auch nach dem Mittagsschlaf nach die Kraft haben, an die Liebe zu glauben.

Vorstellungen "Das Lächeln einer Sommernacht" im Cuvilliéstheater

5./6./8./9./11./12. Februar - jeweils um 19:30 Uhr; 14. Februar - 18:00 Uhr. Weiter Infos finden Sie auf den Seiten des Gärtnerplatztheaters.

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