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Kulturzentrum La Seine Musicale in Paris Ein Ufo als Konzerthaus

Bob Dylan hat das Eröffnungskonzert gegeben und im Herbst werden hier Pferde zu den Klängen von Mozarts Requiem tanzen. Außerdem hat das neue Kulturzentrum La Seine Musicale im Westen von Paris ein eigenes klassisches Orchester und beherbergt die Akademie des französischen Countertenors Philippe Jaroussky. Genauso ungewöhnlich wie das Programmangebot ist die Architektur: Den langgezogenen Gebäudekomplex auf einer Seine-Insel dominiert eine imposante Glaskuppel, die an ein Raumschiff erinnert.

Man habe den Eindruck, dass man sich in dem Sonnenwagen von Apollo befinde, gelenkt von seinem Sohn Phaeton - sagt Jean-Luc Choplin: Phaeton habe seinen Wagen hier auf der Insel Seguin abgestellt. Choplin, der Künstlerische Leiter des Kulturzentrums La Seine Musicale, scheut keine Vergleiche mit der griechischen Mythologie, wenn er über seinen neuen Arbeitsplatz spricht. Tatsächlich ist der neu geschaffene Bau einzigartig in der Stadtlandschaft der Region Paris - eine futuristisch wirkende Halbkugel aus Holz und Glas, geschmückt von einem imposanten Segel mit Sonnenkollektoren. Das Ganze prangt auf einem langgestreckten hellen Betonbau, der die Form eines Schiffs hat.

Es kommt einem ein bisschen vor wie ein Raumschiff. Man begibt sich in eine Alternativwelt.
Jean-Luc Choplin, Künstlerischer Leiter La Seine Musicale

Die "Alternativwelt" hat zudem eine spezielle Lage: La Seine Musicale liegt auf der Seine-Insel Seguin, ganz im Westen von Paris. Die Insel befindet sich auf halbem Weg nach Versailles. Früher, zu Zeiten von Sonnenkönig Ludwig XIV., machten die Höflinge hier einen kleinen Vergnügungshalt, bevor sie nach Versailles weiterreisten. Im 20. Jahrhundert bekam der Ort ein ganz anderes Gesicht: Auf der Île Seguin entstand ein riesiges Renault-Werk, Frankreichs größte Fabrik. Anfang der 90er-Jahre schloss sie ihre Pforten, Mitte der 2000er wurde sie abgerissen.

36.500 Quadratmeter für die Kultur - und zwei Konzertsäle

La Seine Musicale - Konzertsaal in Paris | Bildquelle: picture alliance / Olivier Corsan/MAXPPP/dpa Der große Konzertsaal im Kulturzentrum La Seine Musical | Bildquelle: picture alliance / Olivier Corsan/MAXPPP/dpa Nun soll auf der Île Seguin ein urbanes Kulturprojekt entstehen mit einem Zentrum für zeitgenössische Kunst, Kinos und Bars. Den Anfang macht das Kulturzentrum La Seine Musicale. In ihm soll - wie in der Geschichte der Insel - beides seinen Platz finden: das Anspruchsvolle und das Populäre. Mehr noch, in dem neuen Konzerthaus sollen die Grenzen zwischen den Musikgenres fließend sein, wünscht sich der künstlerische Leiter Jean-Luc Choplin, der für eine Kultur ohne Grenzen kämpfen will.

Zur Verfügung stehen gleich zwei Konzertsäle: zum einen die große Halle, in die bis an die 6.000 Besucher passen und die Ende April 2017 von US-Legende Bob Dylan eröffnet wurde. Im Herbst werden hier die Pferde der berühmten Versailler Reitschule Bartabas zu Mozarts Requiem tanzen. Außerdem wird das Musical "West Side Story" von Leonard Bernstein aufgeführt. Im kleineren Auditorium residiert das Insula Orchestra. Den für 1.150 Personen gedachten Saal weihte das Hausorchester mit Werken von Mozart, Beethoven und Berlioz ein. Das Auditorium ist das akustische Prachtstück der Seine Musicale. Die Decke aus hellen Holzwaben erinnert an einen Bienenkorb. Die Konzertbesucher sitzen rings um die Bühne herum.

Sechs Jahre Bauzeit und das Budget nicht überzogen

Bei seinen Überlegungen habe sich alles um die Musik gedreht, sagt der Architekt Jean de Gastines, sowohl bei den Formen als auch beim Material. Die Bühne sei im Zentrum, umgeben von den Zuschauern. Zusammen mit dem preisgekrönten japanischen Architekten Shigeru Ban, hatte de Gastines auch schon den "Centre Pompidou"-Ableger in Metz entworfen. Der Akustiker des Auditoriums war derselbe wie bei der der Hamburger Elbphilharmonie. Einen wichtigen Unterschied gebe es allerdings zwischen den beiden Häusern - mal ganz abgesehen von der Architektur -, betont Jean-Luc Chopin: Das Budget von La Seine Musical von 170 Millionen Euro sei während des sechsjährigen Baus bis auf den letzten Cent eingehalten worden.

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