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Zukunft Musikunterricht in Grundschulen Kultusminister Piazolo signalisiert Zuversicht

In Bayern gibt es zu wenige Grundschullehrerinnen und -lehrer und auch um die Quantität des Musikunterrichts ist es nicht zum Besten bestellt. Zeit, sich von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo auf einen aktuellen Stand bringen zu lassen. Der beruhigt: In zwei Jahren seien mehr Lehrer als nötig da. Wahrheit oder Wahlkampftaktik? Schließlich sind im Herbst in Bayern Landtagswahlen.

Die siebenjährige Raghad (l-r), die siebenjährige Lamar und die neunjährige Malak nehmen am 26.10.2017 am Musikunterricht im Rahmen des Projekts "Musaik" in Dresden-Prohlis (Sachsen) teil. | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Kultusminister Michael Piazolo im Gespräch

BR-KLASSIK: An Bayerns Grundschulen herrscht seit Monaten und Jahren eine angespannte Personalsituation. Wie wollen Sie dieser Entwicklung entgegentreten?

Michael Piazolo: Wir haben das natürlich schon länger im Blick. Gerade ich habe 2019 auch im Grund- und Mittelschulbereich Maßnahmen ergriffen, wie zum Beispiel das Arbeitszeitkonto. Das hat auch dazu geführt, dass wir in Bayern besser dastehen als in anderen Bundesländern. Im Grundschulbereich ist es sogar so, dass wir in zwei Jahren damit rechnen, dass wir mehr ausgebildete Grundschullehrerinnen und -lehrer haben als Bedarf vorhanden ist.

Andererseits verändern sich die Bedingungen immer wieder. Wir haben erfreulicherweise sehr, sehr viele Kinder, und wir haben, weniger erfreulich, viele Geflüchtete, die zu uns kommen. Insofern muss man auch immer nachsteuern. Aber gerade im Grundschulbereich haben wir auch durch die Abschaffung des NC (Numerus clausus, Anm. der Red.) jetzt sehr, sehr viele Studierende, sodass wir da positiv in die Zukunft schauen.

Wir haben jetzt sehr, sehr viele Studierende, sodass wir da positiv in die Zukunft schauen.
Kultusminister Michael Piazolo

Soll Kunst und Musik auch mal ausfallen dürfen?

BR-KLASSIK: Jetzt hat Olaf Köller, der Vorsitzende der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, gesagt, dass er es für vertretbar halte, wenn in den Grundschulen aufgrund der angespannten Situation, ich zitiere ihn hier, "in Zukunft statt Deutsch auch mal eine Stunde Kunst ausfällt." Das ist, finde ich, erstmal eine sehr bedenkliche Aussage. Was heißt das für die Künste an der Schule?

Michael Piazolo: Das ist nicht meine Position. Wichtig ist, dass gar nichts nach Möglichkeit ausfällt. Und wir haben natürlich an den Grundschulen eine entsprechende Flexibilität. Dennoch: Wir haben jetzt gerade auch während der Corona-Pandemie gesehen, wie wichtig die künstlerischen Fächer sind, wie wichtig auch Sport ist. Deshalb will ich da gar nichts streichen. Und das ist auch das Ansinnen sicherlich der Schulleitungen und Lehrerinnen und Lehrer vor Ort. Mir ist es ganz wichtig, dass wir den Fächerkanon, den wir in den Grundschulen haben, entsprechend leben vor Ort.

Steht am Rand: Das Schulfach Musik

BR-KLASSIK: Dennoch scheint das Fach Musik an den Rand gedrängt zu sein. Ich habe mit Professorin Gabriele Puffer gesprochen. Sie ist Vorsitzende im Verband der bayerischen Schulmusiker. Sie sagt, schon jetzt und heute bekomme nicht mehr jedes Kind den Musikunterricht in Bayern, der im Lehrplan steht. Wie wollen Sie denn sicherstellen, dass hier in Zukunft diese Ausnahme nicht zur Regel wird?

Michael Piazolo: "Ich habe nicht diese Erfahrungen. Da müssen wir einfach die Zahlen austauschen. Wir haben an den Grundschulen in der dritten und vierten Klasse zwei Unterrichtsstunden im Bereich Musik vorgesehen. Wir haben ja auch an den Grundschulen das Klassenleiter-Prinzip. Insofern hat die Klassenleiterin oder -leiter eine bestimmte Flexibilität. Aber mein Ansinnen ist schon, und ich gehe auch davon aus, dass das entsprechend umgesetzt wird, dass so wie der Stundenplan es vorsieht, wir es dann in der Praxis umsetzen."

Mir persönlich ist Musikunterricht gerade auch in der Grundschule ein wichtiges Anliegen.
Kultusminister Michael Piazolo

Die Musikausbildung der Grundschullehrer:innen

BR-KLASSIK: Jetzt ist es so, dass in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer viele Fächer dazu auch vertieft studiert werden müssen. Musik gehört aber nicht dazu. Da reicht ein Crashkurs. Und nur etwas über 20 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer belegen dieses Fach. Im Umkehrschluss heißt das, dass wir auch ca. 70 bis 80 Prozent Lehrerinnen und Lehrer haben, die nicht vertiefend Musik studiert haben. Warum gleichen Sie hier diesen Ausbildungsstandard nicht an?

Michael Piazolo (Freie Wähler), bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, nimmt nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts an einer Pressekonferenz teil. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Michael Piazolo (Freie Wähler) ist bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus | Bildquelle: picture-alliance/dpa Michael Piazolo: Dann wird es die Konsequenz haben, dass das Studium auch länger geht und wir dadurch, und damit sind wir bei Ihrer ersten Frage, wieder die Frage stellen: Wie bekommen wir die Lehrerinnen und Lehrer? Mein Eindruck ist, weil ich auch viele Schulen besuche, dass die Ausbildung, die wir anbieten, eine ist, die gerade auch in Musik den Kindern gerecht wird. Ich habe auch das Gefühl, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer da sehr engagiert sind.

Wieviele künstlerische Fächer sind zeitgemäß?

BR-KLASSIK: Die Geigerin Anne-Sophie Mutter sagt: Wir brauchen mehr Kreativität in den Schulen. Wir müssten aufhören, die Menschen nur nach monetären Gesichtspunkten auszubilden. Und gerade da sind die Künste und Sport doch wichtig, damit die Kinder die Kompetenzen bekommen, die sie in einer Welt brauchen, die immer digitalisierter und gesteuert wird von künstlicher Intelligenz. Müsste es deswegen nicht eigentlich viel mehr dieser kreativen, sportlichen Fächer geben?

Michael Piazolo: Ich glaube, auch Anne-Sophie Mutter ist in Deutschland zur Schule gegangen und hat eine entsprechende musikalische Karriere hingelegt. Ich glaube, dass die Ausbildung besser geworden ist, dass wir mehr Musik machen als noch vor einigen Jahren, auch in der Breite. Und dann sage ich manchmal ganz bewusst: Gemach, schauen wir uns an, was wir haben, würdigen es auch. Und wenn wir uns die Menschen anschauen, die durch unsere Schulbildung gegangen sind, dann haben wir da eine sehr reichhaltige Landschaft.

Ich glaube, dass die Ausbildung besser geworden ist.
Kultusminister Michael Piazolo

Das Gespräch führte Franziskus Büscher für BR-KLASSIK.

Sendung: "Leporello" am 21. April 2023, um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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