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Olga Peretyatko - neue CD "Russian Light" "Man muss in seine Rolle verliebt sein"

Auf ihrem am 9. Juni erscheinenden Album "Russian Light" widmet sich die Sopranistin Olga Peretyatko dem russischen Repertoire - mit teils selten zu hörenden Arien und Orchesterliedern. Warum jetzt der richtige Moment für dieses Repertoire ist, und was es mit dem "russischen Rossini" auf sich hat – das verrät sie im Interview mit BR-KLASSIK.

Sopranistin Olga Peretyatko | Bildquelle: © Dario Acosta

Bildquelle: © Dario Acosta

"Man muss in seine Rolle verliebt sein"

Interview mit Olga Peretyatko

BR-KLASSIK: Frau Peretyatko, in welcher Sprache singen Sie am liebsten?

Olga Peretyatko: Im Moment ist meine Lieblingssprache Französisch. An der Berliner Staatsoper werde ich meine erste französische Rolle singen, die Leila in Georges Bizets "Die Perlenfischer“ (Premiere ist am 24. Juni 2017, Anm. der Redaktion).

BR-KLASSIK: Sie haben also eine sehr pragmatische Einstellung: Ihre Lieblingssprache ist immer die, in der Sie gerade singen.

Olga Peretyatko: Es scheint so, ja. Im Moment ist Georges Bizet mein Lieblingskomponist, und die Rolle der Leila meine Lieblingspartie. Das ist wahrscheinlich mein Rezept für Glaubwürdigkeit.

BR-KLASSIK: Das ist jedenfalls sehr diplomatisch.

Olga Peretyatko: Ich glaube, es ist nur so möglich. Man muss in seine Rolle verliebt sein. Dann werden wahrscheinlich auch alle anderen die Rolle lieben.

Meine Stimme hat an Wärme gewonnen.
Olga Peretyatko

BR-KLASSIK: Die russische Sprache hat eine besondere Eigenschaft: Sie bringt Menschen offenbar dazu, besonders tief singen zu können. In kaum einem anderen Land gibt es so viele tolle "schwarze Bässe“.

Opernsängerin Olga Peretyatko am roten Teppich bei der Preisverleihung des Echo Klassik 2016  | Bildquelle: picture-alliance/dpa Sopranistin Olga Peretyatko bei der Echo-Verleihung 2016 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Olga Peretyatko: Ja - auch auf Bulgarien trifft das zu. Für Soprane ist das natürlich ein bisschen anders. Für mich war es nicht so leicht, ein geeignetes Repertoire zu finden. Meine Stimme hat sich etwas verändert. Sie hat an Wärme gewonnen, auch an Stärke in der Mittellage. Diese Mittellage war immer ein Bonus für mich. Daher ist es mir jetzt auch möglich, das russische Repertoire zu singen - deshalb auch die Aufnahme der neuen CD.

Der "russische Rossini"

BR-KLASSIK: Die russische Oper hat relativ spät ihre eigene Tradition entwickelt. Mikhail Glinka war der Erste, der auf russisch komponiert hat. Sie haben eine Arie aus Glinkas Oper "Ruslan und Ljudmila“ aufgenommen.

Olga Peretyatko: Ich nenne Michail Glinka den "russischen Rossini". Glinka benutzt die gleiche Form und die selben musikalischen Mittel wie Gioachino Rossini. Die beiden Komponisten waren auch Zeitgenossen. Es war also sehr "bequem" für mich. Das Stück wäre jedenfalls passend für eine Rossini-CD.

BR-KLASSIK: Für die aktuelle CD haben Sie ganz unterschiedliches Repertoire aufgenommen: Rimskij-Korsakow, Rachmaninow, Strawinsky und Schostakowitsch.

Olga Peretyatko: Ich verbinde mit jedem Stück auf der CD eine persönliche Geschichte. Viele gehören zu meinen Lieblingswerken. In meinen Konzerten singe ich zum Beispiel sehr viel Rachmaninow. Für die CD habe ich sein Lied "Vocalise" aufgenommen: ein Meisterwerk, mit sehr viel Emotionen. Oder das Lied "Sing nicht, Du Schöne" – für mich ist es das schönste Werk, das Rachmaninow geschrieben hat.  

Viele Stücke auf dem Album gehören zu meinen Lieblingswerken.
Olga Peretyatko

Unendlich schwebende Melodie

BR-KLASSIK: Beim russischen Repertoire ging es immer um die Frage, wieviel Eigenständigkeit sich die russische Musik bewahren wollte, und in welchem Maße man sich westlichen Einflüssen öffnen würde. Igor Strawinsky zum Beispiel wurde immer vorgeworfen, seine Musik wäre zu westlich. Ist das für die russische Kultur heute noch ein Thema?

Olga Peretyatko: Die russische Kultur hatte immer viele unterschiedliche Einflüsse. Etwa die vielen orientalischen Werke, wie Rimskij-Korsakows "Sheherazade". Es war damals in Mode, etwas Neues, Exotisches in die Musik zu bringen. Die Arie der Marfa aus "Die Zarenbraut" von Rimskij-Korsakow ist stilistisch der Musik von Richard Strauss sehr ähnlich. Es gibt diese langen Atembögen und eine unendlich schwebende Meldodie.

BR-KLASSIK: Ihre CD heißt "Russian Light". Ist das Licht in Russland anders?

Olga Peretyatko:  Ja, es ist anders. Generell denke ich, dass wir momentan zu viel Dunkelheit erleben. Wir brauchen mehr Licht – auch musikalisch gesehen.

Die Fragen stellte Bernhard Neuhoff für BR-KLASSIK.

(Sendung: Leporello, 9. Juni 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK)

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