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Pianist Paul Badura-Skoda ist tot Pionier der Historischen Aufführungspraxis

Er konzertierte noch unter Furtwängler, war mit David Oistrach befreundet und spielte die "Appassionata" schon auf dem Hammerfügel, als dies sonst noch niemand tat. Am 25. September ist Paul Badura-Skoda – Pianist, Musikpädagoge, Herausgeber, Schriftsteller und Sammler alter Instrumente – mit 91 Jahren in seiner Geburtsstadt Wien gestorben.

Der Pianist Paul Badura-Skoda | Bildquelle: picture alliance/APA/picturedesk.com

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Der Nachruf zum Anhören

Obwohl er eigentlich nicht Pianist, sondern Forscher werden sollte, fing der junge, am 6. Oktober 1927 in Wien geborene Paul Badura-Skoda schnell Feuer. Einen wichtigen Einfluss auf Badura-Skodas musikalische Initiation, ja auf seine Entscheidung zum Musikerberuf hatte die Erfahrung der Kriegszeit, wo Musik zur existentiellen Seelennahrung wurde. "Gerade durch die Kriegsereignisse haben wir gemerkt: In der Musik ist etwas, das alle Zeiten, alle Kriegszeiten überdauert", sagt Badura-Skoda dazu. "In solchen Zeiten, wo man täglich vom Tod bedroht ist, spürt man das, glaube ich, mehr als heute."

Konzert mit Furtwängler

Am Beginn seiner Karriere stand der Österreichische Musikwettbewerb, den der Schüler Edwin Fischers im Jahr 1947 gewann. Große Beachtung fand kurze Zeit später Paul Badura-Skodas Einspringen für den erkrankten Fischer bei den Salzburger Festspielen 1950. Neben Edwin Fischer hat Wilhelm Furtwängler die künstlerische Entwicklung Badura-Skodas besonders geprägt. Im Februar 1949 spielte er im Wiener Musikverein mit den Wiener Philharmonikern unter Wilhelm Furtwängler Mozarts Konzert für zwei Klaviere in Es-Dur, KV 365. Seine Klavierpartnerin war Furtwänglers Tochter Dagmar Bella.

Aufnahmen auf alten Instrumenten

Der Pianist Paul Badura-Skoda | Bildquelle: picture alliance/APA/picturedesk.com Paul Badura-Skoda | Bildquelle: picture alliance/APA/picturedesk.com Mittelpunkt des umfangreichen, in über 200 Einspielungen dokumentierten Repertoires Paul Badura-Skodas war die Klaviermusik Mozarts, Beethovens und Schuberts. Schon früh wandte er sich der historisch informierten Aufführungspraxis zu und wurde für seine Aufnahmen auf alten Instrumenten hoch gelobt. Darüber hinaus wirkte der Pianist auch als Musikschriftsteller und Herausgeber von Werkausgaben. Große Bedeutung erlangten die zahlreichen Studioaufnahmen Paul Badura-Skodas, in denen er die Klaviersonaten Mozarts, Beethovens und Schuberts mehrfach sowohl auf dem modernen Flügel als auch auf historischen Tasteninstrumenten einspielte – wie Beethovens "Appassionata", die er bereits 1971 auf einem Hammerflügel im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufnahm. Die vielen Schallplatteneinspielungen dokumentieren seinen besonderen, gesanglich-durchsichtigen Klavierstil.

Demus und Oistrach

Zusammen mit seinem Pianistenfreund und langjährigen Duopartner Jörg Demus, der im April dieses Jahres verstarb, widmete Paul Badura-Skoda sich in zahlreichen Konzerten und Aufnahmen der Musik für Klavier zu vier Händen. Eine tiefe Künstlerfreundschaft verband ihn zudem mit dem Geiger David Oistrach.

Ich würde jedem jungen Pianisten sagen: Werden Sie Computertechniker!
Paul Badura-Skoda

Sprichwörtlicher Humor

Einen hohen Stellenwert hatte für Badura-Skoda auch die Lehrtätigkeit – bis 1993 an der Wiener Musikhochschule und bei Meisterkursen in aller Welt. Geradezu sprichwörtlich war dabei sein Humor – oft verbunden mit einem ironischen Augenzwinkern auf den Beruf des Pianisten: "Also ich würde jedem jungen Pianisten sagen: Werden Sie Computertechniker, aber bitte werden Sie nicht Pianist! Sie haben überhaupt keine Chance!"

Hunde, Katzen und Papageien

Mehr als sechs Jahrzehnte war Paul Badura-Skoda auf den Konzertpodien der Welt zu Hause. Der österreichische Pianist, Dirigent, Komponist, Musikwissenschaftler, Herausgeber und Sammler alter Instrumente konnte auf ein erfülltes und erfolgreiches Künstlerleben zurückblicken. Auch in hohem Alter noch vermittelte er auf begeisternde und unterhaltsame Weise sein Wissen in Meisterkursen und Gesprächskonzerten an die Nachwelt. "Es ist nichts falscher, als zu glauben: Klassische Musik ist mit zu ernst, davon verstehe ich nichts", meinte er. "Klassische Musik spricht ja vor allem Kinder an, die bestimmt noch keine Einführung in diesem Gebiet bekommen haben. Ja, sie spricht sogar Hunde und Katzen und Papageien und andere Vögel an!"

Sendung: "Leporello" am 26. September 2019 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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