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Premierenkritik - "Weisse Rose" in Augsburg Es lebe die Freiheit

Die "Weiße Rose" gilt als Symbol für Zivilcourage und den deutschen Widerstand gegen das NS-Regime. Ihren Mut, sich gegen Diskriminierung, Unterdrückung, Willkür und Gewalt zu wehren, bezahlten die Mitglieder mit ihrem Leben. Der deutsche Komponist Udo Zimmermann vertonte die letzten Stunden der Geschwister Scholl in seiner Kammeroper "Weiße Rose. Am Samstag feierte das Werk in Augsburg Premiere.

Szenenbild aus "Weiße Rose" am Theater Augsburg | Bildquelle: © A.T. Schaefer

Bildquelle: © A.T. Schaefer

Hans Scholl war 25 und Sophie erst 22 Jahre alt, als sie im Februar 1943 wegen sogenannter "Feindbegünstigung" in München hingerichtet wurden. Wenige Tage zuvor waren die Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" beim Verteilen von regimekritischen Flugblättern in der Münchner Universität vom Hausmeister verraten und von der Polizei festgenommen worden. Kaum vorstellbar, was in den beiden jungen Menschen vorgegangen ist, nachdem sie in einem Prozess, der jeglicher Rechtstaatlichkeit entbehrte, zum Tod verurteilt wurden. Und wenn man es sich vorzustellen versucht, bereitet es seelische Qualen - angesichts des Ausmaßes von Unrecht und Brutalität, das den Geschwistern Scholl und ihren Freunden von der "Weißen Rose" durch das Nazi-Regime angetan wurde. Nach einem mehrtägigen Verhör wurde für die Geschwister Scholl die Todesstrafe verhängt, Hans Scholls letzte Worte waren "Es lebe die Freiheit".

Ein unkonkreter Schwebezustand

Udo Zimmermanns Oper, über die letzten Stunden der Geschwister Scholl vor der Hinrichtung im Gefängnis Stadelheim in München, bleibt in einem unkonkreten Schwebezustand, bietet kein realistisches Handlungsszenario, sondern einen assoziativen Reigen aus Erinnerungen, Gedankensplittern, Ideen und Überzeugungen. Wolfgang Willascheks Libretto aus Briefstellen und Tagebuchaufzeichnungen sowie Texten von Dietrich Bonhoeffer bestehend, soll durchaus über das konkrete Schicksal von Sophie und Hans Scholl hinausweisen, den Sieg der Freiheit über die Unterdrückung veranschaulichen  und ein Appell an den Widerstandsgeist eines jeden Einzelnen gegen Unrecht, Willkür und Gewalt sein. Udo Zimmermann hat 1986, wenige Jahre vor dem Ende der DDR, seine bereits 1968 komponierte Oper "Weiße Rose" zur Kammeroper für zwei Sänger und 15 Instrumentalisten überarbeitet. Die Musik ist in ihrer Klarheit und Konzentriertheit zu großer Eindringlichkeit und Transzendenz fähig, manchmal aber auch, so scheint es, kapituliert sie etwas vor der Größe der Aufgabe.

Überzeugender und tiefer Eindruck

Regisseurin Seollyeon Konwitschny | Bildquelle: Seollyeon Konwitschny Bildquelle: Seollyeon Konwitschny Dass die Augsburger Aufführung einen so tiefen Eindruck auf die Besucher machte, lag auch an der klugen und sensiblen Regie der jungen Koreanerin Seollyeon Konwitschny, die den Schwebezustand des Stücks zwischen Realismus und Abstraktion in überzeugende szenische Aktionen übersetzt und zusammen mit dem Choreographen Daniel Morales einen 15-köpfigen Bewegungschor als von den Nazis manipulierte Masse Mensch als Pendant zu den Geschwistern in sparsamen Gesten und Bewegungen auf die Bühne bringt. Und es lag natürlich an den beiden Hauptdarstellern Samantha Gaul und Giulio Alvise Caselli. Samantha Gaul ist mit ihrem jugendlichen Aussehen und ihrem natürlichen Sopran geradezu eine Idealbesetzung für Sophie Scholl, zumal sich auf ihrem Gesicht Verstörung und Entschiedenheit abwechseln wie Sonne und Wolken am Himmel eines Herbsttags. Getragen wird das rund 70-minütige Kammerspiel in Augsburg auch von den punktgenau agierenden Instrumentalisten der Augsburger Philharmoniker unter der kompetenten Leitung von Corinna Niemeyer. Eine bewegende Aufführung, die den Zuschauern Mut machen will Position zu beziehen, trotz oder gerade wegen des tragischen Schicksals der Protagonisten.

Weitere Termine

"Weiße Rose" ist am Theater Augsburg noch am 23., 28. Oktober, am 02. und 13. November 2016 sowie am 08. und 20. Januar 2017 zu sehen.

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