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Richard Siegals neue Tanzcompagnie Avantgarde für Münchens Ballettszene

München bekommt eine neue Tanzcompagnie. Das Kulturreferat der Landeshauptstadt vergibt eine auf drei Jahre angelegte Förderung an den Tänzer und Choreographen Richard Siegal und sein künftiges Ensemble. Aber wieviel Konkurrenz verträgt die Münchner Tanzszene? BR-KLASSIK im Gespräch mit Bettina Wagner-Bergelt, Stellvertretende Direktorin des Bayerischen Staatsballetts.

Ballettfestwoche 2015 Porträt Richard Siegal | Bildquelle: Wilfried Hösl

Bildquelle: Wilfried Hösl

BR-KLASSIK: Frau Wagner-Bergelt, warum braucht München eine weitere Tanzcompagnie?

Bettina Wagner-Bergelt: München hat eine sehr rege freie Tanzszene und ich denke, dass es kulturpolitisch ganz wichtig war, jetzt ein Zeichen zu setzen. Richard Siegal ist ein Choreograf, der sich in den letzten Jahren sehr stark auf München konzentriert hat - erst in der freien Szene, dann mit zwei großen Produktionen am Bayerischen Staatsballett. Ich glaube, dass die Entscheidung des Kulturreferats, Richard Siegal an München zu binden, ganz richtig war. Er hat ja 2013 den Münchner Tanzpreis bekommen und auch Erfahrungen mit festen Ensembles bei uns und an anderen Häusern wie Marseille, Wiesbaden gemacht. Wenn er künstlerisch weiter in der Qualität arbeiten will, die er gewohnt ist und braucht, dann ist es ganz wichtig, dass er ein Ensemble hat, mit dem er dauerhaft arbeiten kann. Das macht die Optionsförderung der Stadt jetzt möglich und es wird die Szene unglaublich bereichern.

Richard Siegal | Bildquelle: picture-alliance/dpa Der Tänzer und Choreograf Richard Siegal erhält 2010 den Theaterpreis "Der Faust" | Bildquelle: picture-alliance/dpa BR-KLASSIK: Das heißt, es gibt wirklich ein eigenes Ensemble mit eigenem Spielplan? Und wie ist das mit Probenräumen?

Bettina Wagner-Bergelt: Ich denke, dass er das mit der Muffathalle lösen wird, denn er hat dort seit langer Zeit eine Residenz. Von dieser festen Proben- und Arbeitsbasis aus kann sich das neue Ensemble dann immer wieder an unterschiedlichen Orten präsentieren.

BR-KLASSIK: In München ergibt sich ja dann eine ganz spannende Konstellation. Es gibt einmal das klassisch orientierte Bayerische Staatsballett, dann die sehr individuell gestaltete Kompanie von Karl Alfred Schreiner am Gärtnerplatztheater, auch von einem klassischen Tänzer ins Leben gerufen. Wo positioniert sich da Richard Siegal?

Bettina Wagner-Bergelt: Richard Siegal steht wie niemand anderes in München für ein sehr interdisziplinäres Arbeiten mit zeitgenössischen Komponisten, bildenden Künstlern und Architekten. Ich glaube, er wird die Avantgarde abdecken. Das wiederum wird für München ein wahnsinnig spannendes Projekt sein, weil Richard Siegal einfach durch seine Kontakte und Künstlerkooperationen mit hochkarätigen Leuten die Szene beleben wird.

BR-KLASSIK: Also Sie sehen da kein Konkurrenzverhältnis?

Bettina Wagner-Bergelt: Nein, gar nicht. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, Künstler in einer Stadt zu halten, sie zu unterstützen und sie in dem Maße zu präsentieren, wie sie es brauchen. Das ist für die künstlerische Szene einer Stadt sehr fruchtbar.

Das Interview führte Sylvia Schreiber für BR-KLASSIK.

Optionsförderung für freie Tanzschaffende

Das Kulturreferat der Landeshauptstadt München fördert künstlerische Ausdrucksformen der freien Tanz- und Theaterszene, die sich durch Qualität und Professionalität auszeichnen. Unterstützt werden Projekte, die eine Bereicherung der darstellenden Kunst in München bedeuten. Gefördert werden die Vorhaben von Künstlerinnen, Künstlern und Gruppen, die auf der Basis nachgewiesener professioneller Arbeit zumindest durch erste künstlerische Erfolge ausgewiesen sind.
Im Jahr 2016 vergab die Jury zwei Optionsförderungen an freie Tanzschaffende: Anna Konjetzky und Richard Siegal. Für die Jahre 2016 bis 2018 legte Richard Siegal ein Konzept vor, das die verschiedenen Stränge seiner Arbeit auf ambitionierte Weise miteinander verkettet. Geplant ist die Gründung der Kompanie Richard Siegal / Ballet of Difference, welche die Tanzlandschaft in München signifikant verändern und die Ausstrahlung der Szene deutlich vergrößern könnte. Ihren ersten Auftritt soll die neue Compagnie mit einer Uraufführung im Mai 2017 bestreiten. Die Jury empfiehlt, Richard Siegal mit der Optionsförderung in Höhe von 90.000 Euro zu fördern.

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