BR-KLASSIK

Inhalt

Rossini Opera Festival Pesaro Die Festspiele in "Rossinis Bayreuth"

Die goldenen Anfangs-Zeiten des Festivals mögen vorbei sein, als in Rossinis Geburtsstadt Pesaro vor gut vierzig Jahren das Rossini Festival von Claudio Abbado, Alberto Zedda und Jean-Pierre Ponnelle gegründet wurde und sogleich große internationale Wirkung erzielte: Von "Rossinis Bayreuth" aus wurde die italienische Oper des frühen 19. Jahrhunderts neu entdeckt, ihre historische Aufführungspraxis neu erforscht. Rossini war nun nicht mehr nur auf seine komischen Opern reduziert.

Szene aus "" beim Rossini Opera Festival Pesaro | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro

Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro

An den drei Produktionen, die 2021 gezeigt werden, lässt sich die Vielfalt von Rossinis Opernwelt weiterhin zeigen. Gleichzeitig stehen aber auch unterschiedlichen Zugänge zu seinem Werk zur Diskussion. In der Sportarena inszeniert Pier Luigi Pizzi - auch er schon in den Anfangsjahren des Festivals tätig - die grand opera "Moïse et Pharaon" als geistliches Oratorium: statuarisch, radikal entpsychologisiert, auch nicht historisierend in beinahe abstrakten Bildern; die Figuren sind eindimensional, Moses (Roberto Tagliavini): Stimme des Herrn, der Pharao (Erwin Schrott): sein höhnischer Gegenspieler, das Volk immer wieder in Gebeten.

"Moïse et Pharaon"

Szene aus "" beim Rossini Opera Festival Pesaro | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Szene aus "Moïse et Pharaon" | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Sehr kraftvoll dabei auch das Orchester der RAI unter Giacomo Sagripanti. Auch die Liebesgeschichte zwischen einer Hebräerin (als Entdeckung gefeiert: Vasilisa Berzhanskaya als Mutter des Pharao) und dem Sohn des Pharao ordnet sich dem biblischen Geschehen unter; die Choreografie in den von Rossini für Paris eingefügten sehr langen Ballettszenen bleibt ohne Bindung an die Handlung. Vor allem naheliegende aktuelle Assoziationen zu Klimakatastrophen, zur langanhaltenden Verfinsterung der Welt, Vulkanausbrüchen, aber auch zur Flucht über das Meer oder zum Holocaust werden konsequent vermieden. (Ganz im Gegensatz zu der sehr lebendigen Inszenierung von Graham Vick, mit der 1997 in Pesaro das Werk erstmals herausgebracht wurde.)

"Il Signor Bruschino"

Szene aus "Il Signor Bruschino" beim Rossini Opera Festival Pesaro | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Mit 21 komponierte Rossini "Il Signor Bruschino" | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Wie unsicher in ihrer Identität jedoch Rossinis Figuren sind, zeigt eine Farsa des 21-jährigen "Il Signor Bruschino." Wer ist Bruschino junior? warum wird er so vom Vater verachtet? Wird er verwechselt? Und kann Sonjas Liebhaber Florvielle seine Chance bei ihr nutzen, wenn er sich in diesen Bruschino junior verwandelt? Das Orchester ist im Parterre platziert, die Zuschauer in den Logen des Logentheaters und auf der Bühne selbst ein realistisch ausgepinseltes Geschehen wie in einer Vorabendserie (Regie: Barbe & Doucet). Vater und Vormund stottern im prestissimo und Michele Spotti dirigiert spannungsvoll die bisweilen geradezu anarchistisch freche Musik des jungen Rossini.

"Elisbetta Regina d´Inghilterra"

Szene aus "Elisbetta Regina d´Inghilterra" beim Rossini Opera Festival Pesaro | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Karine Deshayes in der Titelrolle von "Elisbetta Regina d´Inghilterra" | Bildquelle: Rossini Opera Festival Pesaro Noch raffinierte musikalisch: "Elisbetta Regina d'Inghilterra". Rossini, nun in Neapel, konnte nun auf eine besonders qualitätvolle, höchste artifizielle Ansprüche befriedigende Opernkompagnie zurückgreifen. Isabella Colbran, seine spätere Frau, ist die Königin. Die Ouvertüre von "Elisbetta Regina" wird später auch "Den Babier von Sevilla" einleiten, prononciert in Pesaro dirigiert von Evelino Pido. Regisseur David Livermoore zeigt nicht Elisabeth I. aus dem 16. Jahrhundert, sondern lässt das Geschehen irgendwann zwischen den 40er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts spielen, inspiriert von der Serie "The Crown" und dem Film "The Queen". An Tony Blair, aber auch an Churchill erinnern Leicester und Norfolk, wenn sie im Buckingham Palast auftreten; Duette werden bisweilen am Telefonhörer gesungen, Butler halten bisweilen die Personen bei ihren Auseinandersetzungen mit Pistolen im Schach und die Grenadiergarde marschiert im Stechschritt. Oper und Intrige. Politik und verbotenes Liebesverhältnis. Das ist überaus liebevoll und detailversessen choreographiert und immer wieder auch mit Videoeinspielungen übermalt. Es unterstützt effektvoll die Musik. Sergej Romanowski brilliert in seiner großen Gefängnisarie als Leicester und Karine Deshays Arien sind politische Ansprachen an das britische Volk - bisweilen auch als Radioübertragung.

Weitere Informationen

Alles rund um das Rossini Opera Festival Pesaro gibt es auf der Webseite der Festspiele.

Sendung: "Allegro" am 10. August 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

    AV-Player