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Corona-Maßnahmen an der Dresdner Semperoper Christian Thielemann im Streit mit der Intendanz

Corona-Zwangspause für die Staatskapelle Dresden: Peter Theiler, Intendant der Dresdner Semperoper, hat eine geplante Probe zu Strauss' "Heldenleben" abgesagt. Chefdirigent Christian Thielemann und der Orchestervorstand der Staatskapelle fühlten sich daraufhin in ihrer Arbeit behindert. Theiler wiederum spricht nun von einer "völligen Fehldarstellung".

Die Semperoper in Dresden in der Dämmerung | Bildquelle: © Semperoper Dresden/Matthias Creutziger

Bildquelle: © Semperoper Dresden/Matthias Creutziger

"Sie glauben gar nicht, wie enttäuscht ich bin, dass ein Orchester wie die Staatskapelle nicht spielen darf und dass es bei uns am Haus nicht mehr Anstrengungen gegeben hat, da etwas zu ermöglichen", äußerte sich Christian Thielemann, Chefdirigent der Dresdner Staatskapelle, am Montag gegenüber den "Dresdner Neuesten Nachrichten". Stein des Anstoßes war eine Probe für Richard Strauss' Heldenleben", die der Intendant Peter Theiler absagte. Nicht nur Thielemann, auch die Orchestermusikerinnen und -musiker können dieses Vorgehen nicht nachvollziehen. Orchestervorstand Holger Grohs sagte mit Verweis auf die Corona-Regeln: "Ein Intendant sollte im Rahmen dieser Maßgaben Kultur ermöglichen und nicht verhindern."

Ich habe als Intendant Verantwortung für Leib und Leben meiner Mitarbeiter.
Peter Theiler, Intendant der Dresdner Semperoper

Probe mit 100 Orchestermusikern momentan unverantwortlich

Peter Theiler | Bildquelle: picture-alliance/dpa Peter Theiler, Intendant der Dresdner Semperoper, hält die Ansteckungsgefahr mit Covid-19 bei großen Orchesterproben derzeit für zu hoch. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Peter Theiler kritisiert nun im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur die "mangelnde Einsicht" der Staatskapelle. Eine Probe mit 100 Musikerinnen und Musikern auf der Bühne sei angesichts der Corona-Pandemie momentan einfach nicht ratsam. Das habe Theiler dem Chefdirigenten schon am Anfang Januar mitgeteilt, als Sachsen angesichts dramatisch hoher Infektionszahlen eine neue Schutzverordnung erließ. Theilers Vorschlag sei damals gewesen, man solle sich besser auf ein kleineres Projekt beschränken. "Da gab es kein Verständnis, deshalb habe ich die Probe abgesagt. Schließlich habe ich als Intendant Verantwortung für Leib und Leben meiner Mitarbeiter."

Schutz der Mitarbeitenden geht vor

Vernunft müsse vor emotionaler Ungeduld stehen, so Theiler, "auch wenn ich so bald wie möglich alle Künstler wieder auf der Bühne und im Orchestergraben haben möchte, damit es bald wieder losgeht". Theiler appelliert an Zusammenhalt und bittet um Unterstützung für die Haltung der Geschäftsführung.

In einem Opernhaus müssen viele Menschen aus vielen Gewerken zusammenarbeiten. Da ist die Ansteckungsgefahr hoch.
Peter Theiler

Meinungen in Orchester und Chor gehen auseinander

Es gebe auch im Orchester kein einheitliches Meinungsbild und Menschen, die Angst haben, erklärt der Intendant. Der Chor sei erleichtert darüber gewesen, dass man die Proben für Verdis "Attila" gestrichen habe. Es sei paradox, wenn man einerseits das Publikum nicht in den Saal lasse, um es zu schützen, und andererseits das gesamte Opernhaus zum Probenbetrieb zusammenkommen soll. "Man muss Realitätsbewusstsein entwickeln und seine eigenen Interessen auch mal zurückstellen. Dem Intendanten angesichts alarmierender Corona-Inzidenzzahlen Kunstbehinderung vorzuwerfen, ist eigentlich schon eine Beleidigung."

Fünf Musiker der Staatskapelle hatten beim Arbeitsgericht in Dresden ihr Recht auf Arbeit per einstweiliger Verfügung einklagen wollen. Das Gericht wies das zurück. Die Berufungsverhandlung am Landesarbeitsgericht Chemnitz ist für den 31. März terminiert.

Sendung: "Allegro" am 9. Februar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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Dienstag, 09.Februar, 20:48 Uhr

Wilfried Schneider

CHRISTIAN THIELEMANN IM STREIT MIT DER INTENDANZ

Am 1. November war ich in der Premiere der "Zauberflöte" in der Semperoper. Es war zugleich die letzte Vorstellung vor der Schließung des Hauses. Vor der Vorstellung hielt der Herr Theiler eine Ansprache, die mich höchlichst verwunderte. Kein Wort des Protestes oder des Unmutes darüber, dass es Opernhäuser, Konzertsäle und Theater trotz exzellenter Hygienemaßnahmen und trotz des des disziplinierten Publikums so schmerzlich trifft. Kein Protest gegen die Einstufung auch der Semperoper als "Freizeiteinrichtung", kein Wort über den Stellenwert der Kultur! Er stand einfach stramm, die Hände an der Hosennaht. Mir schien fast, als hätte der Herr Kretschmer ihm seine Rede diktiert. Herr Theiler sollte darüber nachdenken, ob es nicht seine Aufgabe wäre, Kultur zu ermöglichen, statt zu verhindern. Von einem Menschen mit solch negativer Haltung kann man natürlich nicht erwarten, dass er die Haltung Christian Thielemanns und offenbar auch großer Teile der Staatskapelle nachvollziehen kann.

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